Allgemein Schweiz

„Yaks, Yetis, Yogis – Tibet im Comic“ im Museum Rietberg, Zürich

Die aktuelle Ausstellung „Yaks, Yetis, Yogis – Tibet im Comic“ im Museum Rietberg.

Dort ist vom 14. Juli – 10. November unter anderem der in Zusammenarbeit mit der GSTF-Sektion Zürich von Tenz-Film produzierte Film „Tibet ein Mythos – In den Köpfen tibetischer Kinder“ zu sehen, in welchem tibetische Kinder in der Schweiz von ihrem Tibetbild erzählen. Das Resultat, was dabei herauskam, ist erstaunlich!

LiYaks,Yetis-Supergirlnk zur Ausstellung

Neue Zürcher Zeitung, 16.7.13, Philipp Meier

Tibet im Comic – Sonderausstellung im Museum Rietberg: Von weissen Yetis und grünen Lamas

Seit je ist das Dach der Welt auch Projektionsraum für alle möglichen Phantasien, Sehnsüchte und Ängste. Die Schau «Tibet im Comic» fächert den Mythos von Yaks, Yetis und Yogis in seine überaus schillernden Facetten auf.

«Ist ja irre», könnte man mit Donald Duck sagen, wenn man sich vor Augen führt, was schon alles in das Land Tibet hineinprojiziert wurde. Der entgeisterte Kommentar der Disney-Ente erfolgt allerdings auf die ultimative Wahrheit, die ihr der grosse Lama Brahma in einer Comic-Sequenz offenbart: «Wir alle sind nur Maiglöckchen auf den Flügeln des universellen Frosches.»

Was irrsinnig toll klingt, ist natürlich purer Stuss, so dass man den richtigen Dalai Lama richtig bedauern kann: Nicht nur gegen die Chinesen muss er sich fortlaufend zur Wehr setzen, sondern auch gegen all die Phantastereien und Hirngespinste, die aus ihm einen Gott und aus seiner Heimat Tibet ein mythenumwobenes und weltentrücktes Paradies machen. Wandelt man durch die neue Sonderausstellung mit ihren Lounges, in welchen man sich bequem hinsetzen und die Nase in unzähligen Comic-Heften vergraben kann, taucht man in der Tat in eine Welt der Träume, Mythen und Abenteuer ab, aus der man am liebsten gar nicht mehr auftauchen will.

Schwebende Mönche

Wer hat da ob so viel erfundenem Zauber und Schrecken noch Lust, an ein reales Tibet zu denken: an jenes Hochland in Zentralasien, das einst ein Königreich war und seit 1950 von China okkupiert wird?

Schwebende Mönche und mystische Meister, sanftmütige Yaks und furchterregende Yetis beflügeln, im Gegensatz zur niederschlagenden politischen Realität. Die mächtigen Klosterburgen auf einsamen Bergspitzen sind so verheissungsvoll, dass man die These wagen möchte, das Phantasiegebilde Tibet, wie es sich vorab im Westen in Erzählungen und Romanen bis hin zum Comic hält, sei nichts anderes als ein riesiges apotropäisches Konstrukt, allein geschaffen zur Verdrängung der bitteren Realitäten.

Dabei ist das Land der Klöster und der Lamas bereits seit fast vierhundert Jahren Sehnsuchtsziel westlicher Pilger: Für die ersten phantastischen Berichte waren Missionare verantwortlich. Sie suchten Tibet auf, weil sie glaubten, dort den Priesterkönig Johannes in seinem Paradies auf Erden zu finden. Forscher, Reiseschriftsteller, Esoteriker und Abenteurer folgten ihnen und konstruierten mit ihren Beschreibungen vom Dach der Welt oft ein Tibet, das auf persönlichen Sehnsüchten, Hoffnungen und Träumen beruht. So breitete sich im 19. Jahrhundert die Ansicht aus, dass eine Gruppe von Weisen aus dem legendären Atlantis in Tibet überlebt habe und ihr geheimes Wissen dort aufbewahre.

Ganz viele auch bereisten das Land nur in der Phantasie, unter ihnen Schriftsteller, Okkultisten und Theosophen, die Tibet zur Hochburg von Wahrheit, Weisheit und Spiritualität stilisierten. Einer von ihnen ist James Hilton, der mit seinem Weltbestseller «Lost Horizon» von 1933 berühmt wurde. Sein Utopia namens Shangri-La hat als Begriff bis heute überlebt und steht für alles Mögliche, selbst für den Namen einer Luxushotelkette.

Shangri-La oder Tralla-la

Die Bastion der falschen Träume stürmte vor Jahren der Schweizer Ethnologe Martin Brauen mit seinem Buch «Traumwelt Tibet – Westliche Trugbilder» und einer gleichnamigen Schau im Völkerkundemuseum Zürich im Jahr 2000. Der ausgewiesene Tibet-Spezialist war nach der langjährigen Leitung der Abteilung Ferner Osten am Völkerkundemuseum von 2008 bis 2012 Chefkurator des Rubin Museum of Art in New York, wo er auch eine Ausstellung über Tibet im Comic organisierte. Diese Schau konnte nun das Museum Rietberg unter dem Titel «Yaks, Yetis, Yogis – Tibet im Comic» übernehmen. Über 80 verschiedene Comic-Geschichten aus Europa, den USA, Indien, Japan, China und auch aus Tibet selber von unterschiedlichsten Stilrichtungen werden vorgestellt.

Der Traumort Tibet inspiriert seit mehr als 60 Jahren die Comic-Künstler. Sie erfanden Superhelden wie den «Grünen Lama» oder «Doktor Strange», die ihre magischen Kräfte bei den weisen Mönchen in Tibet erlernt haben. Und sie halten damit all die Stereotype des westlichen Tibetbildes vor Augen. Die neunte Kunst zu Tibet strotzt von Absurditäten und Klischees – und ist damit bestens dazu angetan, unsere Träume und Ängste aufzuzeigen.

Oft sind die gezeichneten Geschichten aus diversen Versatzstücken der Kulturen Chinas, Japans und Indiens zusammengebastelt, so dass Tibet zum asiatischen Potpourri schlechthin wird. Und man erfährt auch, dass Shangri-La, Shamba-La oder Tralla-la (bei Donald Duck), wie Tibet auch immer bezeichnet wurde, nicht nur Paradies ist, sondern auch Rückzugsort der Schurken. So beschäftigen sich einige Comics etwa mit der Ansicht, dass sich SS-Schergen in Tibet versteckt halten und von dort aus die Welteroberung planen.

Nicht alle sind sie aber Fantasy-Comics. Es gibt auch lehrreiche, die vorab für tibetische Kinder geschrieben wurden. Und es gibt solche, die sich mit den realen Gegebenheiten in Tibet auseinandersetzen, etwa mit der Zerstörung der tibetischen Kultur durch die chinesische Überfremdung.

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