Allgemein China

China im Menschenrechtsrat: Was soll das? Die Menschenrechts-Posse in der Presse

Radio Vatikan, 15.11.13 –
Die Volksrepublik China will Mitglied des neuen Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen werden. Dieser Rat besteht aus 47 Mitgliedern und befasst sich mit den Grundrechten, die in allen UNO-Mitgliedstaaten gelten sollen. Wer im UNO-Menschenrechtsrat sitzt, will aber auch gegenüber anderen Ländern ein Zeichen setzen und zeigen, dass es den Menschen im eigenen Land gut geht, zumindest was die Menschenrechte betrifft.

Philippe Dam kümmert sich bei der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ um die Lage der Tibeter in China. Er sagt im Gespräch mit Radio Vatikan, dass in der Volksrepublik die Forderung der Tibeter nach Selbstständigkeit „verdrängt“ werde. Dabei habe sich in den vergangenen Tagen und Wochen die Zahl von öffentlichen Selbstverbrennungen gehäuft, doch das Regime versuche dieses Phänomen herunterzuspielen.

„Die Situation für die Tibeter hat sich seit Februar 2009 eindeutig verschlimmert. Immer wenn sich Tibeter in öffentlichen Plätzen mit Benzin sich selber anzündeten, war die Antwort der Regierung jene, die Kommunikations- und Transportwege von und nach Tibet weiter zu blockieren. Davon betroffen ist aber auch die freie Ausübung des Glaubens. Deshalb kann und muss man sagen, dass es für die Tibeter in China keine Religionsfreiheit gibt. Auch darf man nicht vergessen, dass seit 2006 die Regierung auch Zwangsausweisungen von Tibetern in Tibet durchführt.“

Es überrasche ihm nicht, dass Peking nun alles unternehme, um dem UNO-Menschenrechtsrat beizutreten, so Dam von „Human Rights Watch“.

„Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ist jenes Gremium, das im Namen aller UNO-Staaten die Menschenrechte im allgemeinen, aber auch konkrete Fälle behandelt. Für China geht es also darum, seine Macht auf globaler Ebene zu zeigen. Aber es geht der Regierung auch darum, eigene Interessen im Land selber zu verteidigen. Damit können sie intern und extern sagen: Seht her, wir kümmern uns um die Menschenrechte.“

China habe sich in der Vergangenheit immer als „restriktiver Gesprächspartner“ gezeigt, wenn es darum ging, auf internationaler Ebene gewisse Rechte als Menschenrechte zu fördern. Dazu zähle beispielsweise die Religionsfreiheit.

„Die Volksrepublik hat sich bisher immer als Gegner von Resolutionen geäussert, bei denen es um die Wahrung der Menschenrechte ging. Das kann aber durchaus nun zu ihrem Vorteil sein, denn es gibt ja auch andere Länder auf der Welt, die davon profitieren, wenn es im UNO-Menschenrechtsrat eine Grossmacht gibt, auf die man zählen kann, wenn es darum geht, Menschenrechte in Frage zu stellen.“

Der Tagesspiegel, 26.10.13:

UN-Menschenrechtsrat: Schelte für China

von Jan Dirk Herbermann

China steht im UN-Menschenrechtsrat auf der Anklagebank: Der Westen wirft dem kommunistischen Regime eine Vielzahl an Vergehen vor. Vor allem die Arbeitslager sollen geschlossen werden. Peking hat jedoch Reformideen

Chinas Führung auf der Anklagebank: Die kommunistischen Machthaber mussten sich am Dienstag vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf schwere Schuldzuweisungen gefallen lassen. Die USA verlangten das Ende der berüchtigten Lager für „Umerziehung durch Arbeit“. Belgien, die Niederlande und andere Regierungen schlossen sich der Forderung an.

In den Camps werden Dissidenten und andere unerwünschte Personen festgehalten, oft ohne Gerichtsverhandlung.

Sie müssen Zwangsarbeit leisten. Diplomaten gehen von hunderttausenden Häftlingen aus. Der Vertreter Chinas betonte bei der Anhörung im Menschenrechtsrat, seine Regierung wolle das System reformieren. Wie das geschehen soll, erklärte der Mann aus Peking aber nicht.

Bei der Anhörung, der sich jedes UN-Mitglied alle vier Jahre stellen muss, verlangte die niederländische Delegation zudem ein Ende der Verhaftungen von Menschen, nur weil sie der Familie mutmasslicher Straftäter angehören. Grossbritannien und Norwegen forderten, volle Transparenz über die Todesstrafe zu schaffen. Peking müsse Zahlen über die Exekutionen veröffentlichen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International gehen davon aus, dass China weltweit die meisten Menschen hinrichtet. Schweden und andere Staaten erklärten, Minoritäten wie Tibeter und Uiguren seien Opfer „systematischer Verletzungen“ ihrer Rechte.

Deutschland forderte: China solle den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ratifizieren. Der sogenannte Zivilpakt von 1966 garantiert die grundlegenden Menschenrechte.

Der Menschenrechtsrat umfasst turnusmässig 47 Mitgliedsländer. China ist 2013 nicht darunter, muss sich aber dem Rat stellen. Er wird Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechte formulieren – Peking kann sie annehmen oder ablehnen. Schon bei einer Anhörung 2009 reagierte China nicht auf die Kritik.

Focus, 12.11.13:

Russland, China und Kuba in UN-Menschenrechtsrat gewählt

Trotz der Proteste von Menschenrechtlern sind Russland, China und Kuba in den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gewählt worden. Auch Saudi-Arabien und Vietnam bekamen am Dienstag in der UN-Vollversammlung genügend Stimmen für das Genfer Gremium.

Dabei hatte nur Kuba in der Ländergruppe Lateinamerika Gegenkandidaten; die anderen umstrittenen Staaten konnten sich schon vorab der Wahl sicher sein. Der Menschenrechtsrat hatte 2006 die oft kritisierte Menschenrechtskommission abgelöst. Er sollte schlagkräftiger sein und weltweit die Einhaltung der Menschenrechte fördern. Allerdings waren unter den 47 wechselnden Mitgliedsländern immer auch Staaten, die bei Menschenrechtlern auf der Schwarzen Liste ganz oben stehen. Russland und China waren zuvor ebenso schon Mitglieder wie Libyen und Aserbaidschan oder Kuba und Venezuela.

Wie fast alle Wahlen bei den Vereinten Nationen sind auch die zum Menschenrechtsrat nach fünf Ländergruppen unterteilt. Für die beiden osteuropäischen Sitze waren Mazedonien (177 Stimmen) und Russland (176) die einzigen Kandidaten, für Westeuropa nur Frankreich (174) und Grossbritannien (171). Für die vier Plätze Asiens hatten sich letztlich Vietnam (184), China (176), die Malediven (164) und Saudi-Arabien (140) beworben.

Für Lateinamerika gewannen Kuba (148) und Mexiko (145) die beiden offenen Positionen, Uruguay (93) ging leer aus. Auch um die vier Sitze der Afrikaner gab es eine Kampfabstimmung. Letztlich setzten sich Südafrika (169), Algerien (164), Marokko (163) und Namibia (150) durch. Der Südsudan schaffte es mit 89 Stimmen nicht.

Die Mitgliedszeit beträgt drei Jahre, die anschliessende Wiederwahl ist einmal möglich. Einige Staaten, wie Russland, Kuba und China, hatten nach sechs Jahren im Rat dieses Jahr pausiert und sind vom Januar wieder mit dabei. Deutschland wurde vor einem Jahr gewählt und sitzt noch mindestens die nächsten beiden Jahre in dem Genfer Gremium.

Süddeutsche Zeitung, 14.11.13 –

Menschenrechte – Courage statt Kleinmut

von Reymer Klüver

Von Anfang an war es ein schier unauflösbarer Widerspruch: Als Staatengemeinschaft sollen die Vereinten Nationen die Einhaltung der Menschenrechte überwachen. Viele, zu viele ihrer Mitgliedsstaaten haben daran aber nicht das geringste Interessse. Das liess vor Jahren schon die Menschenrechtskommission scheitern, in der eine Allianz der Schlächter und Folterknechte verhinderte, dass die Welt sie zur Rechenschaft zog.

Der 2006 neu gegründete Menschenrechtsrat sollte das ändern. Daraus ist nichts geworden, wie spätestens die diesjährige Wahl der Mitglieder – dem Rat gehören 47 Staaten an –deutlich macht. Bekennende Verächter der Menschenrechte wurden in das Gremium befördert: China, Russland, Saudi-Arabien, Kuba. China, das bis heute Emissären des Menschenrechtsrats die Einreise verweigert, erhielt sogar die meisten Stimmen.

Deutschland ist bis 2015 Mitglied. Es wäre jetzt die Gelegenheit zu sagen, dass es die Farce nicht länger mitmacht und den Rat verlässt. Natürlich werden Diplomaten einwenden, dass sie mehr erreichen könnten, wenn sie im Gremium stille Überzeugungsarbeit leisteten, als wenn sie vor der Tür sässen. Doch das Argument zieht nicht: Auch bisher haben Deutschlands Emissäre nichts bewirkt, indem sie das Spiel der Menschenrechtsschmäher mitgespielt haben. Den Spielverderber zu geben, ist gewiss nicht einfach. Ein Akt politischer Courage wäre es aber allemal.

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