Ein tibetischer Geschäftsmann in Yushu, in der heutigen Provinz Qinghai, wurde zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt, weil er sich in einem Zeitungsinterview für die New York Times für den Erhalt der tibetischen Sprache eingesetzt hatte. Das Interview mit einem Video-Statement von Tashi Wangchuk war Ende 2015 von der New York Times veröffentlicht worden. Zwei Monate später wurde er verhaftet. Die Gerichtsverhandlung fand im Januar 2018 statt, und die Haftstrafe wurde wegen «Anstiftung zum Separatismus» verhängt. Zwar hatte Tashi Wangchuk zwei chinesische Strafverteidiger, diese wurden aber nicht zur Gerichtsverhandlung zugelassen. Lediglich zwei Familienmitglieder durften dazu erscheinen.
Das neunminütige Video der New York Times zeigt ihn auch, wie er nach Beijing reist, und vergeblich ein Gerichtsurteil erwirken will, das Offizielle in Yushu dazu zwingen soll, sich für die tibetische Sprache einzusetzen. Erfolglos war auch sein Versuch, im staatlichen Fernsehsender CCTV Gehör zu finden. Tashi Wangchuk sagte sowohl gegenüber der New York Times als auch vor Gericht, dass er nicht die Unabhängigkeit Tibets anstrebe, sondern lediglich die Förderung des tibetischen Sprachunterrichts für Kinder. Verhängnisvoll war möglicherweise eine Stellungnahme von ihm, als er von «systematischem Mord an unserer Kultur» sprach. Dieses könnte als strafrechtlich relevanter Tatbestand ausgelegt worden sein.
Tashi Wangchuk, 33 Jahre alt, hatte zunächst für drei Jahre in einem Kloster buddhistische Studien betrieben, bevor er in Yushu ein Geschäft eröffnete. Später erweiterte er es mit einem Online-Angebot. Die chinesische Online-Firma Alibaba porträtierte ihn 2014 sogar in einem Vido als Musterbeispiel für erfolgreiches Unternehmertum.
Radio Free Asia, 22. Mai 2018
von Dr. Uwe Meya