Focus Tibet

Nach dem 19. Volkskongress: wie die Kommunistische Partei den tibetischen Buddhismus kontrolliert

Der 19. Nationale Volkskongress im Oktober 2017 verabschiedete bahnbrechende Änderungen, wie die Verankerung der «Lehren» von Präsident Xi Jinping in der chinesischen Verfassung, die ihn damit Mao Zedong gleich stellt, und eine Aufhebung der Amtszeitbegrenzung, so dass er theoretisch auf Lebenszeit im Amt bleiben kann. Nun ergibt sich auch ein Gesamtbild, wie die kommunistische Führung den tibetischen Buddhismus auf Dauer kontrollieren will.

Beim Volkskongress ging Xi Jinping in einer dreistündigen Marathon-Rede unter anderem auf die «Wiederbelebung» der chinesischen Kultur ein, indem «fehlgeleitete Ideologien» zurückgewiesen und Religionen, die «chinesische Orientierung» haben, gefördert werden sollen.

Was das für Tibet bedeutet, zeigte sich kurz darauf. Direkt nach Abschluss des Volkskongresses wurden 20’000 Kader in selbst die entlegensten tibetischen Dörfer entsandt, um die Einwohner über die Beschlüsse zu informieren. Dazu wurden nochmals 7000 Parteimitglieder aufgrund ihrer Loyalität zur Partei aus der lokalen Bevölkerung aufgeboten und permanent in Klöstern stationiert, um die Beschlüsse aus Beijing unter den Mönchen und Nonnen zu verbreiten.

Dem Entsenden von Kadern folgte eine Flut von neuen Dekreten. Mönche und Nonnen müssen nun «zentrale Werte» des Sozialismus lernen. In Lithang wurden Mönche aus Klöstern weggewiesen, und ihnen wurde ferner jegliches Lehren des Buddhismus untersagt. Eltern, die ihre Kinder zu buddhistischen Unterweisungen in Klöster schicken, wurden unter Druck gesetzt. Mönche und Nonnen müssen nicht nur die Lehren des Sozialismus über sich ergehen lassen, sondern werden auch noch darüber geprüft. Mehrere hundert Mönche der grossen Klöster Ganden, Sera und Drepung mussten eine Prüfung über die Inhalte des Marxismus, die «Lehren» von Xi Jinping über den «Sozialismus mit chinesischer Charakteristik der Neuen Ära» und die Verfassungsänderungen ablegen. Auch sonst in Tibet gibt es in religiösen Vereinigungen zahlreiche Vorträge von Parteikadern, Polizisten und Richtern, die mit Prüfungen enden. Die offizielle Zeitung «Tibet Daily» berichtete von 25’000 Geprüften, von denen 95% bestanden hätten.

  
Mönche bei Schulungen (Fotos: Free Tibet Campaign)

Mehrere Klöster im osttibetischen Bezirk Themchen wurden zu einem «Wettbewerb» aufgeboten. Sie wurden bewertet gemäss ihrem Wissensstand in Politik, Recht und «patriotischer Erziehung» und erhielten dafür Preise.


Preisgekrönte Klöster nach dem Wettbewerb (Foto: Free Tibet Campaign)

Ein anonymer Informant von Free Tibet Campaign nannte diese Kampagne in ihrer Grösse «beispielslos» seit 1949, dem Jahr der Invasion.

Free Tibet Campaign, 6. Juli 2018 / Dr. Uwe Meya

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