Nach einem langen Kampf gegen Krankheiten verstarb unser tibetischer Freund Ngawang Choephel Drakmargyapon in Genf. Es ist ein grosser Verlust nicht nur für die Tibeter, sondern auch für viele Völker auf der ganzen Welt, deren Schicksal von den UN-Menschenrechtsorganisationen vernachlässigt und manchmal ignoriert wird.
Ich hatte Ngawang in den 80er Jahren getroffen, als er der Menschenrechtsbeauftragte des Genfer Tibetbüros war. Er war eine treibende Kraft in der Kampagne bei den Vereinten Nationen, um das Bewusstsein für die sich verschlechternde Situation der Tibeter in China zu schärfen.
Er hat weitgehend zur Entscheidungsfindung der UN-Gruppe unabhängiger Experten, der Unterkommission, beigetragen, die 1991 ihre Resolution zu Tibet angenommen hat. Er suchte nicht nach einem Platz auf dem Podium, aber er kannte jede Entwicklung im UN-Menschenrechtssystem. Durch seine unermüdliche Arbeit erhielten die Koalitionen der NGOs und die tibetischen Kampagnen in vielen Ländern Initiativen von einem Dutzend Sonderberichterstatter und Arbeitsgruppen.
In den 90er Jahren war Ngawang auch massgeblich an den innovativen Initiativen der Unrepresented Nations and Peoples Organization (UNPO) beteiligt, einer NGO, die sich aus vielen Völkern zusammensetzt, die keinen Zugang zu den UN-Gremien und -Treffen hatten. Nach dem Fall der Berliner Mauer erlangten einige dieser Völker Unabhängigkeit und wurden Mitgliedstaaten der UNO. Ngawang leitete die UNPO und stellte bei den Menschenrechtssitzungen viele dieser Nationen und Völker vor.
In jüngster Zeit, im Jahr 2011, hatte ich das Privileg, mit Ngawang und anderen asiatischen Menschenrechtspartnern die Asian Alliance for Human Rights zu gründen.
Trotz seines schweren Gesundheitszustandes hörte Ngawang nie auf. Bis in die letzten Tage informierte er seine Netzwerke weiterhin über die Trends in den UN-Menschenrechtsorganisationen und über die Situation in China. Wir vermissen ihn bereits.
Adrien-Claude Zoller, 5. November 2019