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Wie China mit gefälschten Benutzerkonten die öffentliche Meinung beeinflusst

Eine Studie von BBC zeigt auf, dass China seit Beginn des Jahres 2020 mit über 1’200 gefälschten Benutzerkonten versucht, Regierungspropaganda zu verbreiten. Diese Konten verbreiten im Wesentlichen regierungsoffizielle Meinungen über die Bewältigung der Corona-Pandemie und die Demokratiebewegung in Hongkong in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und YouTube; bemerkenswert ist, dass diese Netzwerke innerhalb der Volksrepublik China für gewöhnliche Nutzer gesperrt sind.

Dieses Netzwerk weist auffallende Ähnlichkeiten mit dem im letzten Jahr entstandenen Netzwerk «Spamouflage Dragon» auf, das gleichermassen regierungsoffizielle Nachrichten verbreitete und Regierungskritiker mit Fluten von nutzlosen Nachrichten eindeckte.

Die Mehrzahl der neuen gefälschten Konten entstand zwischen Januar und Mai 2020. Zumeist verwenden sie Profilbilder ohne Wissen der unbeteiligten Personen, die diese von sich anderweitig in Netzwerken gepostet haben. Dabei unterlaufen auch amateurhafte Fehler, wenn zum Beispiel ein männliches Profilbild mit einem weiblichen, oft englischen oder russischen, Namen unterlegt ist.

Auffallend ist, dass auf Twitter zahlreiche Benutzerkonten mit Profilbildern von russischen Personen auftauchten, die fast alle am gleichen Tag entstanden und sich auf Kritik an Guo Wengui fokussierten. Dieser ist ein im US-Exil lebender chinesischer Geschäftsmann, der für seine Opposition zur chinesischen Regierung bekannt ist. Diese Benutzer verwendeten dabei gegenseitig «Likes» und «Re-Tweets», um die Wirkung ihrer Nachrichten zu verstärken.

Auf Facebook konzentrierten sich einige Nutzer im letzten Jahr auf die Kritik an der Demokratiebewegung in Hongkong mit Nachrichten in Englisch und Mandarin über die Bestrafung von Aktivisten. Nun kamen zahlreiche neue Benutzerkonten dazu, die die USA für ihren Umgang mit der Corona-Pandemie kritisieren und gleichzeitig die chinesische Regierung loben. Etliche dieser Benutzerkonten gehörten vormals Personen in Bangladesh und wurden den Inhabern entweder entwendet oder abgekauft. Die Chatverläufe bezogen sich anfangs auf lokale Themen oder das jeweilige soziale Netzwerk des originären Nutzers, ändern dann aber abrupt die Sprache von Bengali nach Chinesisch und damit auch das Thema.

Auf YouTube konzentrierten sich die Videos auf die Corona-Opfer in den USA und auf Guo Wengui, wobei auffiel, dass von zahlreichen Benutzerkonten innerhalb kürzester Zeit jeweils das identische Video hochgeladen wurde. Wie auch auf Facebook, verteilen die Nutzer auf YouTube jeweils untereinander «Likes» und kommentierten sich gegenseitig – dieses mit identischem Wortlaut innerhalb weniger Minuten.

Manche Benutzerkonten auf YouTube mischen diese politischen Botschaften unter weitere harmlose Videos oder Bilder von Essen, asiatischen Models oder Naturaufnahmen, wahrscheinlich in dem Versuch, externe Nutzer anzuziehen.

Allerdings scheinen diese künstlichen Netzwerke nicht sonderlich erfolgreich zu sein. Experten in sozialen Medien kommentierten gegenüber BBC, dass die Profile grösstenteils durch «ungeschickte und amateurhafte» Machart auffielen. Bei den von BBC als gefälscht identifizierten 1000 Twitter-Konten, 61 Facebook-Profilen und 187 YouTube-Kanälen kommen gerade einmal etwa 100’000 «Follower» zustande. Das ist in sozialen Medien eine geringe Zahl und dürfte hauptsächlich durch gegenseitiges Vernetzen innerhalb des gleichen Benutzerkreises entstanden sein.

Nach Erscheinen des BBC-Berichts haben die Betreiber von Facebook, Twitter und YouTube den grössten Teil der Benutzerkonten und Chatverläufe entfernt. Diese Benutzerkonten werden aber weiterhin unter Beobachtung bleiben. Von «Spamouflage Dragon» ist bekannt, dass diese Netzwerk Ende letzten Jahres seine Aktivitäten reduzierte, aber seit der Kritik an China über die Handhabung nach Ausbruch der Corona-Pandemie in Wuhan wieder steigerte.

BBC Monitoring, 28. Mai 2020 // Dr. Uwe Meya

Karikatur: BBC
Schmähungen gegen Guo Wengui (Screenshot BBC)
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