Ein Bericht in der New York Times zeigt auf, wie die Hersteller von Computerchips, Intel und Nvidia, lange Zeit für die Aufrüstung von leistungsfähigen Computern für Überwachungsanlagen in der chinesischen Provinz Xinjiang sorgten. Der Präsident der Kommunistischen Partei in dieser Provinz, Chen Quanguo, der das gigantische Überwachungssytem aufbaute, war vorher im gleichen Amt in Tibet tätig. Was derzeit in Xinjiang geschieht, könnte auch in Tibet Realität sein oder werden.
Seit 2016 sind in einem Rechenzentrum in der Hauptstadt Urumqi, im «Urumqi Cloud Computing Center», Chips dieser Hersteller im Einsatz für Computer, die zu den leistungsfähigsten der Welt zählen. Die Chips wurden an die chinesische Firma Sugon geliefert, die das Zentrum ausstattet und auch wichtiger Zuliefer von Computertechnologie für das Militär und Sicherheitskräfte ist. Nvidia rühmte sich schon vor 5 Jahren, dass ihre Computerchips für «hoch leistungsfähige Überwachungsanwendungen» ihre dortigen Kunden sehr zufrieden gestellt hätten.
Beide Chiphersteller konnten bis zum Exportverbot, das die US-Regierung im vergangenen Jahr erliess, liefern. Nvidia erklärte gegenüber der New York Times, ihnen seien missbräuchliche Verwendungen nicht bekannt gewesen. Die gelieferten Chips wären nach ihrem Kenntnisstand für Überwachungen im Kontext von «Smart Cities» zur Kontrolle von Strassenverkehr und dem Umweltschutz im Einsatz gewesen. Intel und Nvidia betonten, dass sie Missbräuche nicht tolerierten.
Das «Urumqi Clould Computing Center», auch gelegentlich als «Xinjiang Supercomputing Center” bezeichnet, listet seinen Rechner seit 2018 mit der Lieferung von Hochleistungschips auf Platz 135 der Rangliste der leistungsfähigsten Computer der Welt. Gleich nebenan befinden sich zwei Rechenzentren der Sicherheitsbehörden und sechs Gefängnisse und «Umerziehungslager». Seit 2017 wird das Zentrum laut offiziellen Angaben für das Überwachungsprojekt «Sharp Eyes» genutzt. Der Rechner könne beispielsweise 100 Millionen Fotos in einer Sekunde durchsuchen und sich insgesamt mit 10’000 Videoanlagen verbinden; dabei könnten je 1’000 Anlagen simultan anaylsiert werden.
Sugon schrieb dazu auf ihrer offiziellen Platform in sozialen Medien vor 2 Jahren folgendes: «Mit Hilfe von Cloud Computing, grossen Datenmengen, «Tiefem Lernen» und anderen Technologien kann die intelligente Videoanalyse-Analge polizeiliche Daten und Anwendungen aus Videomaterial, Wi-Fi-Hotspots, Kontrollpunktinformationen und Gesichtserkennungsanalysen integrieren, um die Arbeit der verschiedenen Abteilungen [innerhalb der Polizei; UM] zu unterstützen.» Parteikader, die die Anlage vor einem Jahr besuchten, betonten, dass mit der Spitzentechnologie ein Paradigmenwechsel stattgefunden habe von post-hoc Verfolgungen nach Ereignissen zu Prädiktion und Früherkennung. Es ist bekannt, dass mit Hilfe von grossen Datenmengen «Risikoprofile» von Uiguren erstellt werden. Verdächtig ist, wer z.B. bei religiösen Handlungen gesehen wird, mehrere Telefone oder gar kein Telefon besitzt oder Angehörige im Ausland hat.
Jack Poulson, ein früherer Google-Mitarbeiter und Gründer der kritischen Interessensgruppe Tech Inquiry, erklärte gegenüber New York Times, dass die grosse Herausforderung an Spitzentechnologie zur Überwachung darin bestehe, aus den gigantischen uninteressanten Datenmengen effizient diejenigen wenigen Angaben herauszufiltern, die relevant sind. Eine Vertreterin von Human Rights Watch zeigte sich pessimistisch: ein Exportstop könne die Weiterentwicklung des Überwachungssytems nicht aufhalten; China werde alles daransetzen, die Technologie selbst weiter zu entwickeln.
New York Times. 22. November 2020 // Dr. Uwe Meya
Foto: New York Times