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Tod eines jungen tibetischen Mönchs nach Misshandlungen in Haft

Der kürzliche Tod des 19 Jahre alten tibetischen Mönchs Tamay (auch Tenzin Nyima genannt) nach schweren Misshandlungen in Haft erregte weltweit Aufsehen und Entsetzen. Tamaywar Mönch im Kloster Dza Wonpo in der Präfektur Kandze in der heutigen chinesischen Provinz Sichuan. Am 9. November 2019 wurden er und etwa 30 weitere Tibeter verhaftet, weil sie vor einem lokalen Regierungsgebäude Flugblätter für die tibetische Unabhängigkeit verteilt und Slogans gerufen hatten.

Nach einer kurzen Haftstrafe wurde er im Mai 2020 entlassen, aber am 11. August wiederum verhaftet, sehr wahrscheinlich, weil er via soziale Medien über die Proteste und seine Haft auch an Kontakte in Indien berichtet hatte. Anfang Oktober wurden seine Eltern aufgefordert, ihn wegen seines Gesundheitszustandes aus dem Gefängnis abzuholen. Zu jener Zeit sei er bewegungsunfähig gewesen und habe unter einer Atemwegsinfektion gelitten. Am 11. Oktober wurde er in das Spital der Provinzhauptstadt Chengdu aufgenommen; angeblich aber erst mit Verzögerung, bis die Familie die horrenden Behandlungskosten von umgerechnet etwa Fr. 5’500 aufgetrieben hatte. Bei Aufnahme sei er komatös gewesen. Das Spital entliess ihn Ende November, weil sein Zustand aussichtslos sei. Der Familie gelang es, ihn am 1. Dezember in ein lokales Spital in Dartsedo aufzunehmen, wo er ebenso kurz danach in «terminalem Zustand» entlassen wurde und zu Hause starb. Die Praxis, Häftlinge in moribundem Zustand kurz vorher aus der Haft zu entlassen, um Todesfälle in Gefängnissen zu vermeiden, ist eine nicht ungewöhnliche Praxis in Tibet.

Sechs andere junge Tibeter zwischen 16 und 23 Jahren, vier Mönche und zwei Laien, wurden im November 2019 zu Haftstrafen bis zu 5 Jahren verurteilt. Die Proteste in Kardze im November 2019 hatten sich angeblich daran entzündet, dass die Regierung umgesiedelte Nomaden und verarmte tibetische Familien dazu zwang, das «Armutsprogramm» öffentlich zu loben. Gerade die meist zwangsweisen Umsiedlungen von Nomaden, angeblich zur «Armutsbekämpfung», führen diese nicht selten in Arbeits- und Perspektivlosigkeit und bittere Armut. Partei- und Regierungskader sollen systematisch etwa 2000 Familien besucht haben, um diese unter Androhung von Verhaftung dazu zu zwingen, vor laufenden Kameras das Programm anzupreisen. Dazu mussten sie Porträts von Parteiführern aufhängen, und, wenn nötig, sogar Vieh oder Möbel aus der Nachbarschaft ausleihen, um den erwünschten Hintergrund zu liefern. Schon 2008 war das Kloster Dza Wonpo von Verhaftungen und Hausdurchsuchungen betroffen, nachdem sich die Mönche geweigert hatten, chinesische Fahnen auf dem Dach zu hissen.

Human Rights Watch. 21. Januar 2021 // Dr. Uwe Meya

Foto: The Tibet Post International

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  1. Maya Mettler

    Ich finde es erschreckend, wie die heutige Regierung einer einstigen Hochkultur mit Menschen verfährt. Elementarste Grundrechte werden mit Füssen getreten und lassen Schlimmes ahnen, sollte ein solches Regime noch mehr Macht über unseren Planeten bekommen.

  2. Charlotte Woerner

    Die im vorhergehenden Artikel erwaehnten 1000 Schweizer Firmen die mit und in China geschaeften und für Herrn Cassis als supporter der “Neuen Seidenstrasse” sind solche Berichte allenfalls stoerend – so wie der Genozid an den Uighuren ist der Genozid an den Tibetern schon bald vollendete Tatsache.
    Was dannzumal vielleicht als Rueckmeldung an die heutigen Ignoranten adressiert, werden zusaetzlich zum humanen Impact die Umwelt-Probleme sein die parallel in derselben Gegend stattfinden inklusive der ganzen Seidenstrasse entlang, das alles unter derselben Aegide. Wegschauen und Stillschweigen sind dannzumal für alle Teil von dem was das blauäugige Abendland in der Gier des momentanen Gewinn-Scheffelns verschlafen und schöngeredet hat

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