Focus Tibet

Einschränkung des Tourismus, aber auch politische Erziehung in Larung Gar

Die buddhistische Akademie Larung Gar, gegründet 1980, war bereits zweimal von behördlich angeordneten Massenausweisungen und Zerstörungen betroffen. Etwa die Hälfte der 8’000 Behausungen der Praktizierenden – nicht nur tibetische Mönche und Nonnen, sondern auch solche aus China und angrenzenden Staaten – wurde 2001 zerstört, verbunden mit Wegweisungen der Gläubigen. Nachdem Larung Gar wieder gewachsen war, traf es in den Jahren 2016 und 2017 in einer zweiten Welle etwa 5’000 der insgesamt 10’000 Gläubigen mit Wegweisung und Zerstörung ihrer Unterkünfte. Viele mussten in ihre Heimatorte zurückkehren, Nonnen wurden aber auch in «Erziehungslagern» interniert und zu entwürdigenden Handlungen wie einstudierten patriotischen Tänzen und Gesängen gezwungen.

Nachdem der Ort auch touristisch interessant wurde, verkündeten die lokalen Behörden des Bezirks Serthar und das Verwaltungsgremium von Larung Gar am 21. April d.J. in einer überraschenden Wende signifikante Empfehlungen zur Eindämmung des Massentourismus. Die Akademie und der benachbarte Ort Nubzig zur Himmelsbestattung (wo Leichen zerlegt und den Geiern übergeben werden) seien keine Touristenattraktionen, sondern Stätten, an denen Religion «im Einklang mit den Gesetzen» ausgeübt werde. Zwar handelt es sich nur um Emfehlungen und kein Besuchsverbot, aber Beobachter deuten dieses als seltenes Zeichen, dass sich lokale Behörden der «Disneyfizierung» von Tibet und dem Buddhismus widersetzen. In der Tat werden Tibeter in chinesischen Reiseprospekten gern als rückständiges, barbarisches, manchmal mystisches, und ständig singendes und tanzendes Volk dargestellt. Der Veranstalter Guilin Outdoor Travel Club führt die Himmelsbestattung in Nubzig als regulären Programmpunkt im sechstägigen Reiseprogramm auf; der Besuch sei «mystisch» und «atemberaubend». In den vergangenen Jahren hatten sich die Gläubigen häufig über die meist acht- und respektlosen Massen an Touristen beschwert.

Umgekehrt verkündete die Verwaltung am 8. Mai aber auch ein strenges politisches Erziehungsprogramm, das aus Anlass der Gründungsjubiläums der Kommuistischen Partei durchgeführt wird. Die Gläubigen müssen sich unter folgenden Punkten unterweisen lassen.

  • Die Aktivitäten der Partei in den ersten Jahren nach dem Einmarsch in die Region
  • Wie China im Vergleich zum Ausland die Pandemie bewältigte
  • Die marxistischen Grundlagen von Chinas Politik für einen «gesunden tibetischen Buddhismus»
  • Die Definition der Partei für «patriotisches Denken im Buddhismus» und die Adaptation des Buddhismus für die sozialistische Gesellschaft
  • Die Massnahmen zur Verringerung der Brandgefahr in Larung Gar, die die «Sorge und Liebe der Partei» zugunsten der Bewohner zeigten

International Campaign for Tibet (ICT), 18. Mai 2021 // Dr. Uwe Meya

Foto: WeCaht – Chinesische Touristin vor Larung Gar

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