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«Die Ostwärts-Ausdehnung des tibetischen Mystizismus eindämmen» – neue Restriktionen

In Sorge um die Attraktivität des tibetischen Buddhismus auch in China hat die Kommunistische Partei seit Mitte 2019 eine neue Kampagne lanciert, die den Einfluss des tibetischen Buddhismus ausserhalb Tibets signifikant einschränkt. Die International Campaign for Tibet zieht jetzt Bilanz.

Besonders betroffen ist die buddhistische Akademie Larung Gar, die seit 2001 Ziel von zwei massiven Wellen von Zerstörung und Wegweisungen von Gläubigen war. Die Zahl chinesischer Praktizierender und Studierender ist seitdem erheblich zurückgegangen, nochmals signifikant seit einer Verstärkung der Massnahmen im Rahmen der Kampagne seit letztem Herbst. Vor Anwendung der Restriktionen wurde die Zahl chinesischer Praktizierender in Larung Gar auf 2’000 von insgesamt 5’000 geschätzt. Laut Anordnung der Partei darf tibetischer Buddhismus nur noch in Tibet praktiziert werden, nicht aber in China selbst. Gläubige aus China müssen an ihren Wohnort zurückkehren und entweder zur chinesischen Variante des Buddhismus konvertieren oder aber von allen religiösen Betätigungen absehen. Wer als Mönch oder Nonne nicht in einem Kloster in China Aufnahme findet, muss in den Laienstand wechseln. Alle müssen sich nach Rückkehr aus Tibet bei der lokalen Polizeistation anmelden. Es ist ihnen auch verboten, nach Tibet zurückzukehren; zur Überwachung müssen sie sich regelmässig bei ihrer lokalen Polizeistation melden.

Die Zugangsstrassen und sogar die Bergpfade nach Larung Gar werden rund um die Uhr von Posten bewacht. In Larung Gar selbst kontrollieren die dort stationierte Polizei und die weltliche Verwaltung, das sogenannte «Management-Komitee», regelmässig die Unterkünfte.

Larung Gar förderte die Gleichheit der Geschlechter. Weit mehr als die Hälfte der 5’000 Praktizierenden waren Frauen, ebenso absolvierten 104 Frauen von insgesamt 200 Teilnehmenden erfolgreich die 12- bis 14-jährige höheren buddhistischen Studien zum Grad des Khenpo.

In China waren in den letzten Jahren zahlreiche kleine Gemeinschaften von Gläubigen entstanden, die den tibetischen Buddhismus studierten. Diese wurden intensiv von den Behörden überwacht; einige Mitglieder wurden nach Verhören gezwungen, zu Informanten zu werden.

Auch werden neuerdings virtuelle Belehrungen unterbunden. Am 1. März tritt ein neues Gesetz über die Regulierung von «Religiösen Diensten im Internet» in Kraft. Die Online-Seminare von Larung Gar, die seit letztem Jahr sehr erfolgreich angeboten wurden, sind seit November 2021 eingestellt. Individuen oder Organisationen, die Online-Belehrungen anbieten wollen, müssen sich bei den Provinzverwaltungen um eine Erlaubnis bemühen. Zugelassen sind dafür nur chinesische Staatsangehörige, die auch in China selbst leben. Laut der Parteizeitung «Global Times» sollen religiöse Online-Seminare der «sozialen Harmonie» dienen und Gläubige dazu anhalten, «das Mutterland zu lieben» und «die Gesetze zu beachten».

China ist sehr besorgt über die Hinwendung der Bürger zum Buddhismus. Insgesamt wird die Zahl der Gläubigen in China auf 185 bis 250 Millionen geschätzt, das sind mehr als die Kommunistische Partei Mitglieder hat. Die Restriktionen werden bis auf Stadt- und Dorfebene durchgesetzt. Bekanntgewordene Dekrete wenden sich gegen religiöse Stätten, in denen «feudale und abergläubische Praktiken» gepflegt werden und verbieten die Errichtung «grösserer» Buddha-Statuen ausserhalb von Bauwerken.

International Campaign for Tibet 20. Januar 2022: https://savetibet.org/containing-the-eastward-movement-of-tibetan-mysticism-targeting-chinese-buddhist-practitioners-at-larung-gar-academy/

Dr. Uwe Meya

Foto: Larung Gar Web Service

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