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Chinas «100-Tage-Kampagne zur Verbrechensbekämpfung» wird für politische Zwecke missbraucht

Am 25. Juni lancierte das Ministerium für Staatssicherheit eine «100-Tage-Kampagne», die sich vordringlich gegen Verbrechen an Wehrlosen wie Kindern, Betagten, und Hilfebedürftigen richtete. Ausgelöst wurde die Kampagne scheinbar durch einen Angriff auf 4 Frauen in der Provinz Hebei am 10. Juni, der grosse öffentliche Empörung ausgelöst hatte. Laut einer Analyse von ICT scheint diese Kampagne aber immer mehr politischen Zielen wie Erhaltung der «Stabilität» im Vorfeld des Kongresses der Kommunistischen Partei zu dienen.

Im Namen der «Verbrechensbekämpfung» kam es überall in China, und speziell auch in Xinjiang und Tibet, zu politisch motivierten Verhaftungen. Die Regierung der VR China änderte ihre Wortwahl weg von expliziten Begriffen wie «Dalai Clique», «Separatisten» oder «anti-chinesischen Kräften im Westen» hin zu unverfänglichen Formulierungen wie «entschlossen am Prinzip ‚kein Ärger, kein Chaos für die Zentralregierung‘ festhalten“, „streng überwachen und kontrollieren“, „Schlüsselbereiche im Auge behalten“, „versteckte Probleme rechtzeitig entdecken und umgehend beheben“ und „mit eiserner Disziplin für die Umsetzung sorgen“. Mit diesen diffusen Formulierungen lassen sich willkürliche Verhaftungen rechtfertigen, ohne den Eindruck zu erwecken, in Freiheitsrechte einzugreifen.

Tibet Times berichtete schon im August von mindestens 13 Verhaftungen in Tibet. Die Betroffenen sollen Bilder des Dalai Lama in ihrer Wohnung oder im Auto gezeigt oder Informationen mit dem Ausland ausgetauscht haben. Weiterhin fanden in Lhasa Versammlungen statt und mahnen aufgehängte Banner zur «digitalen Sicherheit», was im Wesentlichen Warnungen vor dem Senden von Nachrichten an Familienmitglieder oder Geschäftspartner im Ausland bedeutet.

Diese Kampagne erinnert an eine frühere Kampagne «Fege das Schwarze weg und beseitige das Böse» von 2018 bis 2021. Als «bösartige Kraft» wurde 2019 im Rahmen dieser Kampagne der Antikorruptions-Aktivist Anya Sengdra zu 7 Jahren Haft verurteilt.

Auch in Xinjiang liegt der Fokus dieser neuen Kampagne augenscheinlich nicht auf Verbrechen, sondern «illoyalen Uiguren». Der Polizeipräsident der Stadt Hotan erklärte, dass «Diebe» nur am Rande interessierten, vielmehr ziele man auf «illoyale Personen» ab.

Tibet Times, 3. August 2022 // International Campaign for Tibet (ICT), 12. Oktober 2022 // Dr. Uwe Meya

Foto: Verhaftete; Screenshot Tibet Times

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