China Focus International

China betreibt weltweit illegale Polizeistationen

Ein Bericht der Gruppe Safeguard Defenders beschreibt 110 Polizeistationen, die offenbar illegal von der chinesischen Regierung in diversen Ländern betrieben werden. Federführend sollen die «Büros für Öffentliche Sicherheit» in den Provinzen Zhejiang and Fuzhou sein. Diese sogenannten «Servicestationen» sind zum Beispiel in Amsterdam, Rotterdam, Lissabon, Toronto (gleich mit 3 «Stationen»), Madrid und Belgrad lokalisiert.

Die Stationen werden von China als «Servicestationen» beschrieben, wo im Ausland lebende chinesische Staatsbürger zum Beispiel ihre Fahrerlaubnis verlängern, Änderungen in ihrem Zivilstand melden oder Gesundheitschecks wegen Corona vornehmen können.

Tatsächlich aber werden durch diese Stationen offenbar Dissidenten und andere Bürgerinnen und Bürger unter Druck gesetzt, ihre Aktivitäten aufzugeben oder sogar nach China zurückzukehren. Ein in den Niederlanden lebender Chinese, der durch China-kritische Posts in Sozialen Medien aufgefallen war, erhielt einen Anruf von der Station in Rotterdam, nach China zurückzukehren, um «dort seine Probleme zu lösen». Er solle auch «an seine [in China lebenden] Eltern denken».

Eine Chinesin in Madrid sollte sich in Qingtian in der Provinz Zhejiang wegen angeblicher Umweltverschmutzung verantworten und dazu nach China zurückkehren. Hierzu wurde sie von der Station in Madrid zu einer «Belehrung» eingeladen. Danach wurde sie per Videoschaltung durch die Polizei in Qingtian angehört. Von der Anhörung in Madrid existiert ein Video, in dem die dortige Station als «»Ausländisches Servicecenter in Madrid» der Polizeistation in Qingtian bezeichnet wird. Die Chinesin kehrte danach nach China zurück. Es ist nicht bekannt, was mit ihr dort weiter geschah.

Eine ähnliche «Belehrung» ist von einem Chinesen in Belgrad bekannt. Auch hier bezeichnete sich diese Station als «ausländische Station der Polizei von Qingtian», und auch dieser Bürger kehrte «freiwillig» nach China zurück.

Nicht selten werden bei Verweigerung der «freiwilligen» Rückkehr Drohungen eingesetzt, zum Beispiel gegen in China lebende Familienmitglieder oder die Verweigerung von Schulerziehung für in China zurückgelassene Kinder. Die im Exil arbeitende «Toronto Association for Democracy in China” berichtet von Anrufen teilweise mitten in der Nacht mit Drohungen wie «deine Familienmitglieder werden keine Arbeit finden, wenn du nicht kooperierst», «die Telefonnummern deiner Eltern werden online veröffentlicht, und sie werden belästigt werden», oder speziell an Uiguren «der Rest deiner Familie wird in Lagern landen».

Inzwischen haben die Regierungen von 14 Ländern Untersuchungen gegen diese «Stationen» eingeleitet, darunter Österreich, Kanada, Chile, Tschechische Republik, Deutschland, Irland, Nigeria, Portugal, Spanien, Schweden, Niederlande, Grossbritannien und die USA.

Zur gleichen Zeit richteten drei Tibet-Organisationen einen Brief an den niederländischen Premierminister Rutte. Sie informierten ihn, dass mehrere in den Niederlanden lebende Personen tibetischer Herkunft Anrufe von unbekannten Personen erhalten hätten. In einigen Fällen bezeichneten sich die Anrufer als Mitarbeiter der chinesischen Botschaft, andere machten keine Angaben. Ein Gespräch mit einschüchternden Stellungnahmen des Anrufers wurde aufgezeichnet und der Polizei übergeben.

Schon am 18. Januar 2022 hatte Safeguard Defenders einen Bericht über 62 Fälle von zwangsweisen «Rückführungen» von chinesischen Bürgerinnen und Bürgern berichtet. Der weitaus grösste Teil der Rückführungen erfolgt durch – nach unserem Rechtsverständnis – illegale Handlungen der chinesischen Regierung im Ausland, in China auch zynisch als «Fuchsjagd» bezeichnet. Gedeckt wird diese Praxis durch einen Artikel im chinesischen «Nationalen Überwachungsgesetz» von 2018, das unter anderem folgende Praktiken zulässt: die Entführung aus Drittstaaten, oder das Locken von Zielpersonen mit falschen Versprechungen oder Erpressung entweder direkt nach China, oder auf Seeschiffe oder internationale Flüge in Drittstaaten, die diese Personen dann bereitwillig nach China ausliefern.

Vor 2 Jahren sorgte ein geheimes Abkommen zwischen der Schweiz und China für Empörung, das Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit die Möglichkeit gab, sich hier bis zu 2 Wochen ohne offiziellen Status aufzuhalten, um Individuen zu interviewen, die aus der Schweiz nach China zurückgeführt werden sollen. Auf allgemeine Verwunderung stiess die Tatsache, dass dieses Abkommen geheim gehalten und nicht einmal dem Nationalrat oder der Aussenpolitischen Kommission zur Kenntnis gebracht wurde. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen arbeiteten mit einem Touristenvisum, das ihnen freie Einreise in die Länder des Schengen-Abkommens ermöglichte. In der Schweiz erhielten sie sogar Tagesspesen von Fr. 200.-.

Safeguard Defenders, 15. September 2022 und 7. November 2022 // CNN, 27. Oktober 2022 // Radio Free Asia, 27. Oktober 2022 // International Campaign for Tibet, 1. November 2022 //The Guardian, 7. November 2022 // Dr. Uwe Meya

Foto: Karte: Safeguard Defender

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  1. Bischof Claudia

    Ich kenne durch meine frühere Arbeit einige Tibeter! Was hier beschrieben wird, dass die Schweiz ein geheimes Abkommen mit China hat und Chinese Polizisten in die Schweiz lässt mit Tagessatz von Fr. 200.— ( bezahlt mit unseren Steuergeldern) um Landsleute (Tibeter, Uiguren und Chinesen) zu verhören, erschüttert mich! Ich schäme mich als Schweizerin für das Handeln unserer Landesregierung! Ich verstehe nicht, wie man eine fortschrittliche Asylpolitik betreiben will und den Aggressor in die Schweiz einreisen lässt und unterstützt, um die Landsleute weiter zu erpressen und zu demütigen! Warum erstaunt es mich nicht, dass die Schweiz noch keine Untersuchungen gegen die illegalen Polizeistationen eingeleitet hat? Die Schweizer Regierung täte gut daran Rückgrat zu zeigen um Verfolgte besser zu schützen! Ich denke, dass ist auch der Wunsch vieler Schweizer die eine offene, ehrliche Politik/Asylpolitik und ein rechtsstaatliches Handeln von Bern erwarten.
    Claudia Bischof, St. Gallen/Schweiz

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