Der Schweizer Nationalrat hat gestern, am 16. März 2023, eine Motion für ausserordentliche humanitäre Massnahmen für Asylsuchende, insbesondere für Personen, die Nothilfe aus altrechtlichen Asylverfahren erhalten, verabschiedet. Die Motion wurde mit 100 zu 81 Stimmen bei 5 Enthaltungen gutgeheissen.
Die ausserordentliche humanitäre Motion zielt darauf ab, eine humanitäre Lösung für abgewiesene Asylsuchende nach dem alten Asylverfahren der Schweiz zu finden. Die Schweiz hat das neue Asylverfahren ab dem 1. März 2019 in Kraft gesetzt, und die Motion strebt eine Erleichterung für alle abgewiesenen Asylbewerber an, die ihr Gesuch vor dem 28. Februar 2019 eingereicht haben.
Alt-Nationalrätin Marianne Streiff-Feller, die auch Mitglied der parlamentarischen Unterstützungsgruppe für Tibet war, hatte die Motion am 16. März 2021 eingereicht. Nach ihrem Rücktritt wurde die Motion von Nationalrat Niklaus Samuel Gugger übernommen und am 16. März 2023 im Nationalrat präsentiert. Nationalrat Niklaus Gugger, der auch Co-Präsident der Parlamentarischen Gruppe für Tibet ist, wies bei der Präsentation der Motion darauf hin, dass über 3’000 Menschen in der Schweiz unter dem alten Asylgesetz festsitzen und dass es für diese Menschen, die in der Schweiz sehr gut integriert sind, eine humanitäre Lösung geben muss. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass es sich um eine Lösung für bestimmte Menschen handelt, darunter auch tibetische Betroffene.
Vor einigen Jahren, am 10. März 2021, wurde der Schweizer Regierung eine gemeinsame Petition mit über 3.000 Unterschriften vorgelegt, in der eine humanitäre Lösung für rund 300 abgewiesene tibetische Asylbewerber in der Schweiz gefordert wurde. Die Gesellschaft der Schweizerisch-Tibetische Freundschaft, die Tibeter Gemeinschaft in der Schweiz und Liechtenstein, die Tibeter Frauen Organisation in der Schweiz und der Verein Tibeter Jugend in Europa hatten die Unterschriftenaktion gemeinsam organisiert.
Bei der Einreichung der Petition hatte die damalige Sonderbeauftragte für Menschenrechte im Genfer Tibet-Büro, Thinlay Chukki, festgestellt, dass „diese Petition von grösster Bedeutung ist, weil diese Tibeter, insbesondere die Jugend, die Zukunft des tibetischen Kampfes sind und es besorgniserregend ist, sie ohne eine Aussicht auf eine Lösung dahinvegetieren zu sehen“, und hatte die Schweizer Regierung und die Parlamentarier aufgefordert, eine humanitäre Lösung für diese Tibeter zu finden.
Die Petition wurde auch an der letzten Sitzung der Parlamentarischen Gruppe für Tibet am 7. März 2023 diskutiert. Der Repräsentantin Thinlay Chukki, dem Mitglied des tibetischen Exilparlaments aus Europa Thupten Gyatso, der Präsidentin der Tibeter Gemeinschaft in der Schweiz und Liechtenstein Karma Choekyi und dem Präsidenten der Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft, Thomas Büchli, war es ein Anliegen, dass die Parlamentarier die Petition unterstützen.
Die Repräsentantin des Dalai Lama, Thinlay Chukki, begrüsste die Verabschiedung der Motion und bedankte sich bei den Parlamentariern für ihre Unterstützung der Motion: „Es hat über zwei Jahre gedauert, bis die Forderungen der Petition als Motion verabschiedet wurde, die nicht nur den Tibetern, sondern auch allen anderen abgewiesenen Asylbewerbern zugutekommt. Wir hoffen sehr, dass die Motion vom Ständerat angenommen und damit von der Schweizer Regierung umgesetzt wird, um den abgewiesenen Asylbewerbern, die nach dem alten Asylverfahren festsitzen, eine humanitäre Lösung zu gewähren.“
Die Motion für eine ausserordentliche humanitäre Lösung wird voraussichtlich in der nächsten Session dem Ständerat vorgelegt werden.
Hier der Bericht des Office of Tibet Genf zur Annahme der Motion