Tibetern, die sich vorübergehend im Ausland aufhielten, wird bei der Rückkehr das «hukou» entzogen. Nur wer in diesem Registrierungsprogramm für alle Haushalte in der Volksrepublik China erfasst ist, kann ein Identitätsdokument erhalten. Dieses wird auch für den Zugang zu Sozialleistungen der Regierung, Buchungen von Reisen oder für Arbeitsverhältnisse benötigt. Die Betroffenen sehen sich in Tibet damit vor grossen Problemen. Ausnahmen davon gibt es nur bei Reisenden, die behördlich registriert und geschäftlich oder in offizieller Mission unterwegs sind.
Am meisten betroffen sind Tibeter, die während der relativ liberalen Phase in den 1980er Jahren vorübergehend nach Indien übersiedelten, um dort Schulen, Universitäten oder Klöster zu besuchen. Oft waren sie ohne ihre Familien im Exil und kehrten trotz der Situation und Risiken nach Tibet zurück. Nach Berichten von Rückkehrenden wurde die Praxis der Kontrolle und des Entzugs seit 2017 deutlich verschärft. In mehreren Regionen, so in der Provinz Qinghai und den Präfekturen Ngaba und Qiang, führten die Behörden systematische Kontrollen durch und entfernten alle, die sich währenddessen im Ausland aufhielten, aus dem «hukou»-System.
Schon seit vielen Jahren sind Rückkehrende, gleichgültig ob sie sich länger im Exil aufhielten oder nur eine kürzere Pilgerfahrt oder Reise zu einer religiösen Zeremonie des Dalai Lama machten, erheblichen Sanktionen ausgesetzt. Tibeter, die zu den Kalachakra-Zeremonien des Dalai Lama in Indien in den Jahren 2006, 2012, 2014 oder 2017 reisten, berichteten immer wieder von Verhören, politischen «Umerziehungssitzungen» oder lang andauernder Observation. Es gibt auch Berichte von mehrjähriger Haft oder Arbeitslager, wenn «verbotene Schriften» in das Land gebracht wurden, dem Entzug der Arbeitsbewilligung oder auch der Verweigerung der Wiedereinreise. Eine Gruppe von Nonnen, die nicht zurückkehren durfte, lebt nun seit 10 Jahren im Exil in Dharamsala.
Tibet Times, 6. März 2023 // Dr. Uwe Meya
Foto: Tibet Times