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Appell an die UNO: Einwirken auf die Volksrepublik China, die Vernichtung der tibetischen Kultur zu stoppen

Sehr geehrter Herr Hochkommissar Türk

Anlässlich des Besuchs des Ehrwürdigen Zeekyab Rinpoche, Abt des Klosters Tashi Lhunpo, in Genf fordert die Parlamentarische Gruppe (PG) Tibet die Vereinten Nationen auf, Druck auf die Behörden der Volksrepublik China auszuüben, damit sie ihre systematisch und extensiv betriebene Politik der Zerstörung der tibetischen Kultur beenden und die Freiheit der Religion, der Sprache, der Bildung und der Meinungsäusserung in der Volksrepublik China zulassen. Speziell weist die PG Tibet auf den verschwundenen Panchen Lama, die «Umerziehungsprogramme» für Tibeter:innen und die Zwangsinternate für tibetische Schulkinder hin.

Erinnerung an den verschwundenen 11. Panchen Lama

Das Kloster Tashi Lhunpo ist Hauptsitz der Panchen Lamas. In der tibetischen religiösen Tradition spielt der Panchen Lama eine entscheidende Rolle bei der Anerkennung der Inkarnation des nächsten Dalai Lama und ist sein spiritueller Lehrer und Tutor. Die vom 14. Dalai Lama identifizierte 11. Inkarnation des Panchen Lama, der damals 6-jährige Gedhun Choekyi Nyima, verschwand in Tibet im Mai 1995 drei Tage nach seiner offiziellen Anerkennung mitsamt seiner Familie spurlos. Bis heute verweigert die Regierung der VR China jede Auskunft über den Verbleib und das Wohlergehen von ihm und seinen Angehörigen. Stattdessen wurde ein der Regierung gefügiger Junge ohne jegliche Legitimität als Panchen Lama eingesetzt. Das Kalkül der VR China ist klar: Dieser soll eines Tages die Inkarnation eines von den Behörden der VR China kontrollierten Dalai Lama anerkennen.

Forcierte Umschulung und Umsiedlung von Tibeter:innen

Ein seit 2015 betriebenes Regierungsprogramm verfolgt den massenhaften Transfer von Landarbeitern in «Umerziehungsprogramme» mit nachfolgender Umsiedlung in andere Regionen der VR China. Das Programm beinhaltet ein gross angelegtes, systematisches und zentral überwachtes Training von «überflüssigen Landarbeitern» mit nachfolgendem Transfer in andere Regionen Tibets oder chinesische Provinzen in niederqualifizierte Berufssektoren. In militärisch organisierten Camps werden die Betroffenen auch politischer und kultureller Indoktrination unterzogen. Bis jetzt sind etwa 600’000 Tibeter:innen – das sind mehr 15% der Bevölkerung der sogenannten «Autonomen Region Tibet – betroffen. Ziel dieser Trainings sei nach offiziellen Angaben, die «niedrige Arbeitsmoral» zu stärken, «rückwärtsgewandtes Denken» zu verhindern und den «negativen Einfluss der Religion» zu schwächen, um so «faule Personen zu eliminieren». UNO-Menschenrechtsexpert:innen hatten kürzlich die Besorgnis geäussert, dass dieses Programm gezielt traditionell lebende Tibeter:innen entwurzelt und entfremdet.

Zwangsinternate mit chinesischem Unterricht für tibetische Schulkinder

Seit 2021 werden tibetische Kinder ab Kindergartenalter in ein Internats-System gezwungen, in dem sie ausschliesslich in chinesischer Sprache und chinesischer Kultur unterrichtet werden. Nahezu 1 Million Kinder, das sind fast 80 % der tibetischen Schulkinder, im Alter ab 4 Jahren müssen in diesen Internaten leben. Der Unterricht und das Leben fernab von ihren Wohnsitzen entfremden die Kinder radikal von ihrer Familie, Tradition und Religion. Auch diese Praxis wurde kürzlich von UN-Sonderberichterstattern als menschenrechtswidrige Assimilationspolitik der chinesischen Regierung kritisiert.

Keine Einzelfälle, sondern systematisch geplante Vernichtung der tibetischen Kultur

«Es wird deutlich, dass es sich mit der Entführung des anerkannten Panchen Lama und der Einsetzung eines der Regierung gefügigen Kandidaten, sowie dem System der «Umerziehungsprogramme» und der Zwangsinternate nicht um willkürliche Einzelfälle handelt, sondern dass dies systematisch geplante Schritte zur Vernichtung der tibetischen Kultur und Identität darstellen», sagt Nationalrat Nicolas Walder, Co-Präsident der PG Tibet.

Die Parlamentarische Gruppe für Tibet appelliert an die UNO, auf die Volksrepublik China unmittelbar einzuwirken, die Vernichtung der tibetischen Kultur sofort zu stoppen.

Im Namen der Parlamentarischen Gruppe Tibet

2023-05-16_Appell_PGTibet_ZeekyabRinpocheUNO_D.pdf

2023-05-16_Appel_GPTibet_ZeekyabRinpocheUNO_F.pdf

2023-05-16_Appeal_PGTibet_ZeekyabRinpocheUNO_E.pdf

Bemerkung

Dieser Appell wird auf folgenden Veranstaltungen verlesen und als Pressemitteilung versandt:

– Pressegespräch mit dem Ehrwürdigen Zeekyab Rinpoche am 16. Mai in Genf, 16. Mai 2023, 11h00, Club de la presse de Genève

– Kundgebung am 17. Mai 2023, 11h30 bis 14h30, Broken Chair vor der UNO in Genf


Weiterführende Informationen:

A. Zenz «Xinjiang’s System of Militarized Vocational Training Comes to Tibet”, China Brief 2020; Volume 20 Issue 17

https://tibetaction.net/2022/05/24/eyewitness-confirms-mandatory-boarding-preschools-operating-across-tibet/

Hier finden Sie das Programm der Kundgebung:

Geneva-programme_17.05.2023.pdf

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