Focus Tibet

Behörden löschen systematisch Gerichtsdokumente über Verhandlungen wegen politischer Vergehen, hindern Kontakt zu Anwalt

Das Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD) berichtet, dass Behörden systematisch Dokumente über Gerichtsverfahren wegen «Gefährdung der Staatssicherheit» löschen. Verhandlungsprotokolle und Urteile zu diesem Tatbestand, unter dem alle «illegalen» politischen Betätigungen gefasst werden, wurde gewöhnlich in öffentlich zugänglichen Datenbanken abgelegt. Die Praxis des Löschens mit diversen Fallbeispielen beschreibt TCHRD nicht nur in der «Autonomen Region Tibet», sondern auch in anderen Regionen Tibets, die heute chinesischen Provinzen zugeteilt sind. Das bedeutet, dass Verfahren nun im Geheimen ablaufen, ohne dass Details der vorgeworfenen Taten oder der Urteile nachvollziehbar werden.

Ein prominenter Fall ist der des tibetischen Sprachaktivisten Tashi Wangchuk. Dieser war 2016 zu 5 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte in Beijing eine Petition für den Erhalt der tibetischen Sprache deponiert und wurde wegen «Anstiftung zu Separatismus» verurteilt, zumal er sich dabei von einem Reporterteam der New York Times begleiten liess. Nach seiner Haftentlassung 2021 waren alle Dokumente über seinen Prozess in der nationalen Datenbank für Gerichtsurteile nicht mehr auffindbar. Auch wurde ihm keine Kopie des Gerichtsurteils ausgehändigt.

Tashi Wangchuk lebt derzeit in der Präfektur Kyedgudo im Osten Tibets unter konstanter Beobachtung und mit Beschränkungen seiner Bewegungsfreiheit. Nach Angaben von Informanten meiden die Bewohner von Kyedgudo aus Angst jeden Kontakt mit ihm. Als ihn Anfang Juli der chinesische Menschenrechtsanwalt Lin Qilei besuchte, verbot die Polizei ein weiteres Treffen am zweiten Tag. Lin Qilei berichtete auf seinem Twitter-Account, dass Tashi Wangchuk schon am ersten Tag beim Treffen reserviert und eingeschüchtert wirkte und nicht über sein Befinden sprechen wollte.

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD), 23. Juli 2023 // Dr. Uwe Meya

Foto: TCHRD

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