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Propaganda-Kampagne: Reisbericht aus «Shangri-La» zeichnet ein rosiges Bild von Tibet

Auf Einladung der chinesischen Regierung durfte eine Gruppe von ausländischen Journalisten Ende August eine osttibetische Region in der Präfektur Kardze, heutige Provinz Sichuan, besuchen. Die Ortschaft nahe dem Flughafen Daocheng in den Hengduan-Bergen wurde 2002 in Anspielung auf das mythische Bergparadies im Roman «Lost Horizon» von James Hilton von 1933 in «Shangri-La» umbenannt. Der Bericht eines dieser Journalisten in der Zeitung «The Irish Times» lässt der chinesischen Sichtweise für Tibet erstaunlich viel Raum. Hier drängt sich der Verdacht auf, dass China mit dieser geführten Reise der kürzlich geäusserten massiven Kritik an der «Sinisierungspolitik» begegnen will.

Besucht wurden ein «bilingualer Kindergarten», eine «bilinguale Schule», eine Klinik und ein tibetisches Kloster. Eher beiläufig wird Kritik an den Internaten für tibetische Kinder mit dem Risiko der Entfremdung von ihrer Kultur erwähnt. Überwiegend zeichnet der Bericht aber ein sehr positives und sicherlich von der Regierung erwünschtes Bild der chinesischen Tibet-Politik. Auch erwähnt er die chinesische Invasion, aber diese sei durch osttibetische Regionen geführt, in der tibetische «Herrscher und Warlords» regierten.

Angeblich bilinguale Erziehung

Zunächst wird über einen Kindergarten und eine Primarschule berichtet, begleitet von mehreren Farbfotografien, die gut gekleidete Kinder und eine üppige, sehr gepflegte Einrichtung zeigen. Ab der ersten Kindergartenklasse werden die Kinder laut Lehrpersonen «immersiv» in Mandarin unterrichtet. Der Tenor des Berichtes ist, dass sich die Kinder mit der Zeit an die neue Sprache gewöhnten und sie ohnehin unweigerlich die chinesische Sprache für das spätere Leben lernen müssten. Ausserdem sei das Internat die beste Lösung für die in der Region arbeitenden Eltern und Angehörigen. Angeblich stammen 34 der 37 Lehrpersonen aus Tibet. Betont wird von den Gastgeberinnen, dass es auch 6 Wochenstunden Tibetisch-Unterricht und Kurse in tibetischem Volkstanz und tibetischen Sportarten gebe.

Tibetische Medizin

In etwa der gleiche optimistische Tenor von ethnischer Gleichberechtigung ist im Teil über die Klinik für traditionelle tibetische und chinesische Medizin zu verzeichnen. Der leitende Arzt der Klinik, dessen tibetischer Name nur in chinesischer Umschrift genannt ist, beschreibt den Journalisten die traditionelle tibetische Medizin, aber am Ende heisst es, dass moderne «westliche», tibetische und chinesische Medizin in Zukunft verschmelzen werden und es nur um das Ziel der «Gesundheit» gehe.

Kloster ohne Verbindung zum Dalai Lama

Am Ende wird über den Besuch im Sangpiling-Kloster berichtet, wo den Journalisten ein Bild von einem lebendigen religiösen Leben vorgeführt wird. Angeblich leben dort 500 Mönche, und das Kloster könne bis zu 5’000 Gläubige beherbergen. Der Abt, dessen tibetischer Name auch nur in der chinesischen Umschrift als «Qiang Ba Ta La» erscheint, beschreibt das Kloster als in der Gelug-Tradition des Dalai Lama stehend. Es folge aber «seiner historischen Tradition gemäss» einer «Schutzgottheit», von deren Verehrung der Dalai Lama seit 2008 abrate, und so gebe es keine Verbindung mehr zum ihm. Deutlich wird betont, der Dalai Lama habe sich für die Trennung entschieden. [Offenbar folgt das Kloster der Shugden-Tradition, von der sich der Dalai Lama distanziert. In Tibet wurden häufig Shugden-Mönche auf Anlässen von Partei und Regierung gesehen. Mitglieder der Shugden-Tradition demonstrierten bei Auslandreisen des Dalai Lama regelmässig vor dem Veranstaltungsort mit Schmährufen. Die Shugden-Bewegung löste sich 2016 abrupt selbst auf; UM]. Weiter erklärt der Abt: «Einerseits garantiert der Staat unsere religiöse Autonomie und Unabhängigkeit bei der Ausübung unserer Religion, andererseits lieben die Klöster und Mönche ihr Land und respektieren den Staat und befolgen alle seine Gesetze und Vorschriften.» Es gebe einen «unumkehrbaren Trend» zur «Modernisierung, Technologie und Digitalisierung». Das Kloster würde sich dem nicht widersetzen, sondern ihn zum eigenen Nutzen annehmen.

The Irish Times, 9. September 2023

Bild: Buchcover «Lost Horizon» von James Hilton

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  1. Peter Wittwer

    Alles Chinesische Propaganda und ihr helft nicht einmal. Pfui !

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