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«Anti-Betrugs-App» und Daten-Integration: China verstärkt elektronische Überwachung in Tibet

Ein gerade publizierter Bericht von Turqouise Roof, einer investigativen Gruppe über Tibet, und der SecDev Group, einer Spezialistin für Cyber-Sicherheit, dokumentiert eine neue Phase der elektronischen Überwachung in Tibet. Der Bericht stützt sich auf eine IT-Analyse der neuen «Anti-Betrugs-App», die alle Nutzer in Tibet obligatorisch installieren müssen, sowie öffentlich zugängliche Dokumente über Aufträge an Anbieter von Plattformen zur Integration und Analyse von «Big Data».

Erstmals im September 2023 wurden Berichte von Tibetern publik, die bei Polizeikontrollen auf Strassen an Ort und Stelle zwingend eine «Anti-Betrugs-App» auf ihren Telefonen installieren mussten. Vorgeblich soll diese App vor betrügerischen Aktivitäten im Cyberspace schützen. Die Analyse durch SecDev zeigte aber, dass die Software Zugriff auf sensitive persönliche Daten und Kontrolle über bestimmte Funktionen erhalten kann. Damit wären z.B. der Zugang zu Fotos oder die Aufzeichnung von Gesprächen möglich. Beim ersten Gebrauch müssen sich die Benutzer durch ein Foto ihrer Identitätskarte auf dem Telefon identifizieren und der App die Suche nach anderen installierten Programmen gestatten. Speziell sucht die App das Telefon ab, ob Nutzer auf ausländische Finanzportale wie Bloomberg zugreifen. Neben der sofortigen Installation während der häufigen Polizeikontrollen auf Überlandstrassen werden auch jedwede Versammlungen zum Anlass genommen, dass die Anwesenden die App installieren müssen.

Dazu baut das Büro für Öffentliche Sicherheit für seinen exklusiven Zugriff eine Datenplattform mit dem komplizierten Namen «Tibet Underworld Criminal Integrated Intelligence Application Platform» auf. Diese Plattform integriert mehrere einzelne Datenbanken in Tibet. Sie basiert auf Programmen des amerikanischen Software-Konzerns Oracle. Die Datenbank kann anhand gespeicherter Personendaten verwandtschaftliche Beziehungen einzelner Personen oder deren soziales Netzwerk ermitteln, um mittels Künstlicher Intelligenz Muster für «kriminelle Aktivitäten» zu erkennen. Bereits seit 2018 wird von den Behörden häufig der Begriff «Kräfte der Unterwelt» benutzt, um auf politisch missliebige Aktivitäten hinzuweisen, und es sind Belohnungen zur Denunziation solcher «Kräfte» ausgesetzt.

Oracle antwortete nicht auf eine Bitte der Autoren um Stellungnahme, und die chinesische Botschaft in Washington sprach von «grundlosen Anschuldigungen».

Voice of America, 7. Februar 2024

Kompletter Bericht: https://turquoiseroof.org/weaponising-big-data-decoding-chinas-digital-surveillance-in-tibet/ // Dr. Uwe Meya

Foto: Screenshot der App (Sandbox)

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