Begegnung mit Chithu Thubten Wangchen auf seiner Friedenstour

von links: Javier Nogue Begue, Chithu Thubten Wangchen, Pau Nubiola Muckvier Nog

Am Sonntag, 3. November hiessen die Tibeter in der Schweiz Chithu Thubten Wangchen in Zürich wilkommen. Er wurde von seine beiden spanischen Freunden Javier Nogue Begue und Pau Nubiola Muck auf seiner Friedenstour durch Europa begleitet. Zusammen besuchten sie die chinesischen Botschaften verschiedener Länder, um ihnen das 12-Punkte-Manifest zu überreichen. Mit dieser Friedenstour wollten sie verdeutlichen, dass das die Tibeter/-innen keine separatistischen Absichten hegen, sondern bereit sind für den Dialog über die politische Zukunft Tibets. Allein die Teilnahme am Dialog seitens der Volksrepublik China fehle noch.

tibetfocus: Die Anzahl Tibeter in Europa hat sich in den letzten Jahren drastisch vergrössert, dennoch gibt es für Europa nur zwei Chithues. Sollte man dies nicht ändern?

Thubten Wangchen: Momentan gibt es 45 Chithues, wobei zwei davon Europa vertreten. Es wird allgemein ein paar Änderungen bezüglich des Amtes der Chithues geben. Wir finden auch, dass zwei für Europa nicht reichen. Höchstwahrscheinlich werden in Indien weniger und dafür mehr in Europa oder Amerika eingesetzt werden. Ebenfalls wird zurzeit darüber diskutiert, die Amtszeit eines Chithues zu limitieren, um mehr Tibetern die Möglichkeit zu geben, sich politisch engagieren zu können.

Sie haben am Five-Fifty Forum in Dharamsala teilgenommen. Worum ging es?

An diesem Forum nahmen viele junge Tibeter/-innen teil und disktutierten über die Zukunft Tibets. Es ist wichtig, dass man sich nicht nur mit der Tibetfrage auseinandersetzt, sondern sich auch dafür verpflichtet, eine Lösung für die Zukunft Tibets zu finden. Das Five-Fifty bietet diesbezüglich eine gute Plattform. So wäre es toll, wenn man in der Zukunft etwas Vergleichbares in Europa auf die Beine stellen könnte.

Sie sind viel gereist während Ihrer Friedenstour und haben in Ihrem Vortrag erwähnt, dass viele europäischen Länder dem tibetischen Volk in der Vergangenheit geholfen haben. Scheint es denn nicht heutzutage so, dass viele Regierungen versuchen, der Volksrepublik China zu schmeicheln? 

In allen Ländern wurde ich freundlich von Members of the Party, Senatoren und dergleichen empfangen. Ich hatte sehr viel Freude daran und kann mich nicht beklagen. Lediglich in Kroatien wollte uns niemand willkommen heissen. Erwähnenswert ist die Tschechische Republik, welche uns Tibeter und Tibeterinnen sehr in unserer Sache unterstützt. 

Wie beurteilen Sie das Engagement der Tibeter/-innen in den europäischen Ländern?

Bezüglich der Motivation und des Engagements der Tibeter kann ich nur eines sagen: Es kommt nicht drauf an, wie viele Menschen es in einem Land hat, sondern wie sehr sie sich engagieren. Es gab Länder, in denen es 8000 Tibeter gibt, von denen sich nur wenige für Tibet einsetzen. Dann wiederum gibt es Länder, in denen nur eine Handvoll Tibeter leben, deren Engagement jegliche Erwartungen übersteigt.

Wie sieht ein wirklich autonomes Tibet in der Zukunft aus und welche Probleme könnten auftauchen?

Wenn wir von China eine wahre Autonomie erhalten, so würden wir in Tibet in Demokratie leben, so wie es Seine Heilligkeit für richtig hält. Probleme, die auftreten könnten, wären wahrscheinlich die unterschiedlichen Denkweisen, welche die Tibeter/-innen aus den verschiedenen Ländern mitbringen. Ich bin mir sicher, dass diese Probleme nur anfangs bestünden, langfristig sehe ich da keine Probleme.

Viele betonen die Wichtigkeit der tibetischen Sprache in unserem modernen Zeitalter. Wie stehen Sie dazu? 

Die tibetische Sprache ist in der Tat sehr wichtig für die Tibeterinnen und Tibeter. Natürlich ist es schwierig, Tibetisch zu lernen, wenn man im Exil aufwächst. Es mag vielleicht ein paar Menschen geben, die die jungen Tibeter aus Spass auf ihr schlechtes Tibetisch aufmerksam machen. Jedoch sollte dies kein Grund zur Entmutigung sein. Oft bekommen Leute ein schlechtes Gewissen, wenn sie kein Tibetisch erlernt haben. Dadurch kann es Probleme bei der Kommunikation mit anderen Tibetern in den verschiedenen Gemeinschaften geben. Darum ziehen sich einige langsam aus der tibetischen Gesellschaft zurück. Aus diesem Grund ist meiner Meinung nach das Erlernen der Tibetischen Sprache sehr wichtig. Es gibt aber auch Tibeterinnen und Tibeter, welche keine Probleme damit haben, dass sie kein Tibetisch können, und sich trotzdem engagieren. Wenn sich jemand tibetisch fühlt und sich motiviert für die Tibetsache einsetzt, habe ich daran nichts auszusetzen.