Behörden in der Stadt Barkham, in der Präfektur Ngaba im Nordosten Tibets, haben Mönchen und Laienpersonen ihre spontane Hilfsaktion nach einem Erdbeben untersagt, obwohl erst 3 Tage später staatliche Hilfe vor Ort war.
Die Region um Barkham war am 10. Juni von einem Beben der Magnitude 6.0 erschüttert worden. Vor allem Mönche, aber auch die übrige Bevölkerung, leisteten sofortige Hilfe mit Nahrungsmitteln, Kleidern und Zelten für die etwa 25’000 betroffenen Personen, deren Häuser unbewohnbar wurden. Erst nach 3 Tagen kam ein chinesisches Rettungsteam dort an. Alle lokalen Helfenden wurden gleich nach der Ankunft angewiesen, den Ort «zu ihrer eigenen Sicherheit» zu verlassen.
Jetzt sind sämtliche Kommunikationsleitungen in die betroffene Region gesperrt. Der lokalen Bevölkerung wurde es untersagt, Bilder von den Zerstörungen oder Berichte darüber zu versenden. Über Opfer ist nichts bekannt; laut offiziellen staatlichen Medien wurde lediglich eine Person durch das Beben verletzt.
Derartiges Verhalten der Behörden ist nicht neu. Nach dem verheerenden Erdbeben im Bezirk Yushu in der Provinz Qinghai im Norden Tibets von April 2010 gab es massive Beschwerden der lokalen Bevölkerung über die Behinderung der Rettungsaktionen von Mönchen, die teils mit blossen Händen nach Opfern gruben. Die Mönche und tibetische Geschäftsleute mit Spenden wurden weggewiesen. Kurz darauf erschienen Kamerateams des staatlichen Fernsehens und filmten chinesische Armeeangehörige, die aber wegen der Höhenkrankheit und des winterlichen Wetters kaum einsatzfähig waren. Wegen Verständigungsproblemen mussten hastig Übersetzer herbeigeholt werden. Rettungsarbeiten hätten sich lange auf Wohnsitze der chinesischen Elite konzentriert.
Die staatliche Propagandabehörde wies damals die Medien an: „Sprechen Sie über das Erdbeben in ‚wissenschaftlichen Begriffen’; üben Sie keine Kritik an dem Erdbeben-Frühwarnungsinstitut; geben Sie den Bemühungen der buddhistischen Mönche bei der Katastrophenhilfe nicht zuviel Gewicht; behandeln Sie die von dem staatlichen Fernsehsender CCTV organisierten Spendenaufrufe in aller Ausführlichkeit!“ Ausserdem erinnerte das Informationsbüro des Staatsrates, das für die Überwachung des Internets zuständig ist, die hauptsächlichen Websites daran, dass sie nicht einfach berichten können, was ihnen beliebt [vergl. dazu Tibet-Informationen vom 19., 23., 30. April und 4. Mai 2010; UM].
Radio Free Asia, 15. Juni 2022 // Dr. Uwe Meya
Foto: Radio Free Asia