Das Rennen nach dem «weissen Gold»: Lithium-Boom in Tibet

6. November 2023

Das neu entstandene Netzwerk Turqoise Roof hat einen umfassenden Bericht über die reichen Lithium-Vorkommen in Tibet und das kürzlich entstandene Rennen für ihre Ausbeutung publiziert. Turqoise Roof vereinigt unabhängige Forschende über Tibet und China und stützt die Recherchen auf offen zugängliche Dokumente und Geodaten.

  • In Ost-Tibet ist ein Lithium-Boom im Gange. Chinas Geologen haben festgestellt, dass mindestens 85 % der Reserven der VR China an dem kritischen Mineral in Tibet liegen. Chinas Wissenschaftler (siehe Publikation von Ding et al., 2023) setzten neue Fernerkundungstechnologien zum ersten Mal ein, um Lithiumvorkommen im Hartgestein (auch Pegmatite genannt, die durch erstarrende Lava entstehen) in abgelegenen Gebieten von Kham und Amdo, heutige Provinz Sichuan, zu ermitteln und zu quantifizieren. Die für diesen Bericht gesichteten Satellitenbilder zeigen «einen riesigen schlafenden Erzgürtel in hohen Bergen und tiefen Tälern“, wie chinesische Staatsmedien schwärmerisch schrieben – es ist wohl das grösste Lithiumvorkommen in Asien.
  • Sowohl Tesla, der weltweit größte Hersteller von Elektrofahrzeugen, als auch sein Konkurrent BYD aus China sind zunehmend auf Lithiumabbau und -produktion in Tibet angewiesen, da sie ihre Produktion weltweit ausweiten. Grössere, schnellere Elektroautos erfordern Lithiumbatterien mit grösserer Kapazität.
  • Die Beschleunigung des Lithiumabbaus beinhaltet risikoreiche und energieintensive Formen der Verarbeitung in der seismisch aktiven Landschaft, das auch ein Epizentrum des Klimawandels ist. Der Lithiumabbau hat bereits zu katastrophalen Folgen in der Nähe der ersten Aufbereitungsanlage in Dartsedo (Kangding) in Kardze geführt, die von von Rongda Lithium betrieben wird. In den Jahren 2013 und 2016 wurden Tausende von Fischen vergiftet und Hunderte von Yaks starben aufgrund der Verschmutzung und durch kontaminierte Bergbauabfälle. Nun scheint der Betrieb der vorher geschlossenen Anlage wieder aufgenommen zu werden.
  • Tibet ist entscheidend für Chinas Bemühungen, eine Vormachtstellung nicht nur für Lithium, sondern auch für eine breite Palette weiterer Mineralien und seltenen Erden zu erringen. Derzeit bezieht die VR China einen Grossteil ihres Lithiums aus anderen Ländern wie Australien und Chile.
  • Jahrzehntelang wurden kaum Anstrengungen unternommen, nach Lithiumvorkommen im Hartgestein zu suchen, da der Abbau in zudem entlegenen und hochgelegenen Orten als schwierig galt. Das hat sich geändert: im Mai 2023 wurden tausende Gebote chinesischer Investoren für ein Stück tibetischen Landes registriert, wobei die anfänglich ausgelobten Preise um das Hundertfache übertroffen wurden.
  • Der Kauf von BYD-Aktien durch den US-Investor Warren Buffett ermöglichte es dem Unternehmen, die Ausbeutung des Chabyer-Salzsees in Tibet, nahe der indischen Grenze, voranzutreiben. Auch die Tesla-Produktion in der Gigafabrik von Elon Musk ausserhalb von Shanghai wird zunehmend abhängig sein vom Zugang zum Hartgestein in Ost-Tibet.

Unter Xi Jinpings «Made in China 2025» Kampagne ist China bereits weltweit führend in den Bereichen Photovoltaik, Windturbinen, Wasserkraftwerken, Staudammbau und Stromnetzen. Xi Jinping hat die die Intensivierung der Ausbeutung kritischer Mineralien ausdrücklich angeordnet. Das Land nutzt sein Insiderwissen und seine Gewinne aus dem Bergbau in Tibet, um auf künftige Preise über die Londoner Metallbörse zu spekulieren, die sie 2012 gekauft hat.

Turqoise Roof: Bericht zum Download: https://turquoiseroof.org/white_gold_rush_in_tibet/

Ding, W.; Ding, L.; Li, Q.; Li, J.; Zhang, L. Lithium-Rich Pegmatite Detection Integrating High-Resolution and Hyperspectral Satellite Data in Zhawulong Area, Western Sichuan, China. Remote Sens. 2023, 15, 3969. https://doi.org/10.3390/rs15163969 // Dr. Uwe Meya

Bild: Lithium-Abbau im Chabyer Tsaka Lake (Quelle: Google Earth)