«Die Lust auf tibetisches Gold»

25. Mai 2025

Ein Bericht des Institute for Security and Development Policy (ISDP), einer NGO in Stockholm, widmet sich der Bedeutung von Gold in der Wirtschaftspolitik der Volksrepublik China. In den letzten Jahren hat die chinesische Zentralbank enorme Mengen an Gold gelagert, das nicht nur aus tibetischen Lagern stammt, sondern auch aus anderen Herkunftsländern gekauft wurde. Ebenso stieg die Nachfrage nach Gold unter Privatpersonen in China.

Der ISDP-Bericht nennt verschiedene Faktoren, die zu diesem Boom beigetragen haben. Geopolitische Risiken wie der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Nahostkrieg sind Treiber dieser Entwicklung, wie auch die Suche von chinesischen Konsumenten und Konsumentinnen nach einer sicheren Wertanlage; letzteres vor allem nach dem Zusammenbruch des Immobilienmarktes in China. Gold zeigt sich für Privatpersonen als verlässliche Anlagemöglichkeit, zumal die Börse wenig attraktive Anlagemöglichkeiten bietet und manche Anleger vor allem in die einzige andere Anlage, Immobilien, investiert hatten und nicht selten alles verloren. Ein weiterer Treiber diese Entwicklung ist ein Modetrend, gouchao oder «China Chic» genannt. Die Nachfrage nach Goldschmuck stieg allein 2023 um 10%, und die nach Goldbarren und Münzen um 28%. Die regierungsoffizielle Nachrichtenagentur Xinhua befeuerte diesen Trend mit Artikeln, die speziell Schmuck mit Motiven aus der «hervorragenden historischen Tradition Chinas» anpriesen.

Gold kommt in Tibet nicht in reiner Form vor, sondern in grossen Lagerstätten gemischt mit Kupfer, Molybdän und Silber. In den ersten Dekaden nach der Invasion Tibets wurden die Lagerstätten von wenigen, aber völlig rücksichtslosen Individuen ausgebeutet. Diese richteten immense Schäden an den Weideländern, Wüsten, Wasserläufen und der Tierwelt an. Proteste führten dazu, dass mehrere Garnisonen der paramilitärischen Peoples Armed Police (PAP) damit beauftragt wurden, bis in entlegen Regionen für Ordnung zu sorgen. Dort waren sie neben der regulären Armee die einzigen staatlichen Kräfte und konnten mangels ausreichender Kontrolle nach Willkür vorgehen.

Wenig bekannt ist, dass die PAP eine eigene «Gold-Truppe» (huangjin budui) hatte. Diese unterstand formal dem Ministerium für Metallindustrie und war damit beauftragt, in entlegenen Regionen nach Gold und anderen Metallen zu suchen, Minen zu bauen und die Lager auszubeuten. Die «Gold-Truppe» betrieb mehrere eigene Minen, daneben auch mit einer weiteren Einheit Staudämme und Wasserkraftwerke, weitgehend ohne effektive Aufsicht der Regierung. Seit 2018 sind diese Einheiten dem Ministerium für Bodenschätze unterstellt. Die quasi-Monopolstellung der PAP wird heute gebrochen durch zivile Firmen, wie Huadian für Wasserkraftwerke und Zijin für Gold- und andere Metallvorkommen.

Institute for Security and Policy, 14. April 2025 // Dr. Uwe Meya