Nomaden in Nordosttibet von ihren traditionellen Weidegründen ausgeschlossen

25. September 2017

Berichte aus Tibet weisen darauf hin, dass die chinesischen Behörden Nomaden die Nutzung ihrer traditionellen Weidegründe in Golog verboten haben und bei Zuwiderhandlungen mit Geldstrafen und sogar Gefängnis drohten.

Für diese Anordnung, die Weiden im Bezirk Darlag, TAP Golog, Provinz Qinghai, zu räumen, noch für die Vertreibung einer anderen Gruppe von Nomaden aus ihrem Winterlager in der Nähe, wurde keine Erklärung bekanntgegeben. Die betroffenen Nomaden verfassten einen Appell, den sie an die „geehrten Führungskräfte der Volksrepublik China und die zuständigen Abteilungen“ richteten, und in dem sie die Verfügung der Behörden, die sie als verfassungswidrig bezeichnen, aus sechs Gründen ablehnten: „Die Rechte der Bürger auf Weideland anzutasten, ist gegen die Verfassung, gegen die nationalen und die lokalen Gesetze, und beeinträchtigt den Lebensunterhalt der Menschen und ihre Lebensweise“.

Die Behörden setzten den 23. August als Termin, bis zu dem die Nomaden das Gelände verlassen mussten. Obwohl die meisten die Weiden bis dahin geräumt hatten, „konnten einige die Frist nicht einhalten“, verlautet aus der Quelle von Radio Free Asia.

„Daraufhin setzten die Behörden Militärpolizei ein, um die verbliebenen Nomaden zu bedrohen. Schliesslich vertrieben sie diese von dem Gelände und forderten eine Geldstrafe von 1.000 Yuan (US$ 152) pro Person, weil sie den Befehl missachtet hatten“. „Es wurde ihnen auch gesagt, dass jeder, der sich nicht entferne, festgenommen werden würde.“

Auch Viehhirten aus den Dörfern Horkor und Takor in der Gemeinde Dernang im Bezirk Darlag wurde befohlen, Areale, die sie als Winterlager vorgesehen hatten, zu verlassen. Sie wissen nun nicht, wohin sie gehen können, und haben keine Bleibe mehr.

Seit Jahrhunderten pflegen tibetische Nomaden alljährlich um den Juni herum ihr Vieh zur Sommerweide auf das Grasland zu treiben. Die Behörden gaben keine Erklärung für die kürzlich erlassenen Nutzungsverbote in dieser Gegend, doch tibetischen Quellen zufolge behaupten die chinesischen Offiziellen häufig, dass Weideverbote, Stilllegung von Weidegründen und Ausweisung von Nomaden eine wissenschaftlich bewiesene Notwendigkeit seien, um das Graswachstum zu fördern, Kohlenstoff zu speichern und die Wassereinzugsgebiete zu schützen. Die Nomaden weisen diese Argumente zurück.

In der Petition heisst es: „Es wird behauptet, dass die Viehzucht aufgegeben werden müsse, um die Umwelt zu schützen. Um die Umwelt zu erhalten, sollten jedoch vielmehr der Bergbau, der das Land schwächt und auslaugt, und den auf ihm lebenden Kreaturen ihre Vitalität raubt, und ebenso all die Bautätigkeiten und die Fabriken, die die Luft verschmutzen, gestoppt werden… An solchen Orten die Viehhaltung um des Graswachstums willen aufzugeben und die Viehhirten zum Beenden der Viehzucht und zur Änderung ihrer Lebensweise zu zwingen, widerspricht den natürlichen Gegebenheiten und den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung. Dass die Viehhaltung der Umwelt nicht schadet, beweist die Erfahrung der Nomaden selbst.“

In der Tat ist der Bergbau in großem Stil zur Gewinnung von Kupfer, Gold, Silber, Chrom und Lithium überall in Tibet zur Norm geworden. Die daraus folgende Integrierung der Region in die chinesische Wirtschaftsindustrie hat eine verheerende Umweltzerstörung hervorgerufen. Und Tibeter, die ihre Stimme gegen den Bergbau und seine Risiken für die Umwelt erheben, werden inhaftiert, gefoltert oder sogar getötet.

Im tibetischen Siedlungsraum war die Provinz Qinghai die erste, die offiziell die Politik der VR China zur Umsiedlung von Nomaden in die Tat umsetzte. Zehntausende von tibetischen Viehhirten wurden gezwungen, ihre Tiere zu schlachten und in neu gebaute Siedlungen oder in nahegelegene Städte umzuziehen, womit sie ihre traditionelle Lebensweise aufgeben mussten.

The Tibetpost International (TPI), www.thetibetpost.com 7. September 2017
Übersetzung: Adelheid Dönges, Revision: Angelika Oppenheimer