Nachdem es in der Ortschaft Dza Mey in der für Proteste bekannten Präfektur Kardze im Osten Tibets zu einer Demonstration für die Unabhängigkeit Tibets kam, besetzten Sicherheitskräfte das ganze Dorf. Diese kamen in einem langen Fahrzeugkonvoi an und patrouillieren teils in Zivilkleidung, teils in Uniform überall durch den Ort. Dabei seien sie teilweise wie Geschäftsleute, Bettler oder andere einfache Personen gekleidet, wie ein Augenzeuge gegenüber Radio Free Asia RFA angab, und sie würden überall herumlaufen, die Bewohner beobachten oder versuchen sie auszuhorchen. Das alltägliche Leben sei erheblich beeinträchtigt.
Die Proteste in Dza Mey folgten ähnlichen Aktionen in der benachbarten Ortschaft Dza Wonpo, wo mehrere kleinere Gruppen Flugblätter mit Unabhängigkeitsparolen in den Hof von Polizeistationen oder Regierungsbehörden warfen. Zwei Junge Tibeter mit den Namen Yonten und Choegyal wurden am 21. November verhaftet und in Haft angeblich schwer misshandelt. Abgesehen vom Verteilen der Flugblätter hatten sie ein Videoclip mit mit dem Dalai Lama angefertigt und dieses mit der Parole «Unabhängigkeit für Tibet» auf der populären Chatplatform WeChat platziert.
Die beiden Verhafteten hatten auch online ihre Solidarität mit vier verhafteten Mönchen des Klosters von Dza Wonpo bekundet. Die vier Mönche waren am 7. November aus unbekannten Gründen verhaftet worden. Ihr Lehrer, der mit ihnen inhaftiert wurde, kam 11 Tage später wieder frei. Ein fünfter Mönch, der als Bruder von Choegyal identifizert wurde, kam am 18. November ebenfalls in Haft, nachdem er Solidaritätsbekundungen für die Verhafteten publiziert hatte.
Das Kloster Dza Wonpo Ganden Shedrub hatte schon 2012 einen Einsatz von Sicherheitskräften ausgelöst, nachdem sich die Mönche geweigert hatten, auf dem Dach die chinesische Flagge zu hissen.
Radio Free Asia, 25. November 2019 // Dr. Uwe Meya
Bild: Bezirk Sershul, in dem sich die Dörfer befinden (Karte: Radio Free Asia)