Sonam Gyalpo, ein Veteran unter den politischen Gefangenen, nach 12 Jahren aus dem Gefängnis entlassen

18. September 2017

Sonam Gyalpo, ein ehemaliger tibetischer politischer Gefangener, wurde letzten Monat freigelassen, nachdem er im Gefängnis Chushul, westlich von Lhasa, eine Strafe von 12 Jahren verbüsst hatte.

Der jetzt 56jährige Sonam Gyalpo wurde am 27. August entlassen und ist vermutlich in seine Heimatstadt in der Präfektur Lhoka der TAR zurückgekehrt. Details sind nicht bekannt.

Verteilt auf etwas mehr als die letzten drei Jahrzehnte verbrachte Sonam Gyalpo unter vagen und übertriebenen politischen Anklagen insgesamt 16 Jahre im Gefängnis, darunter seine letzte Haftzeit von 12 Jahren.

Wie früher berichtet (1), wurde Sonam Gyalpo am 28. August 2005 von der Sicherheitspolizei in seiner Wohnung in Lhasa festgenommen. Er war einer von 10 Tibetern, die im Vorfeld zu den Feierlichkeiten zum 40. Gründungstag der TAR, einem wichtigen politischen Jahrestag für die chinesischen Behörden, festgenommen wurden. Während des Ereignisses hatten die chinesischen Behörden in Lhasa und anderen Teilen Tibets strenge Kontrollmassnahmen ergriffen, um eventuellen Störungen vorzubeugen und ebenso, um das Bild eines „glücklichen, modernen und wohlhabenden Tibets“ zu propagieren. Die Sicherheitsbeamten führten wahllos Durchsuchungen in den Wohnungen „politisch Verdächtiger“ durch. Auch bei Sonam Gyalpo durchwühlten sie alles und fanden „belastendes“ Material in Form von vier Videobändern mit religiösen Unterweisungen, einigen Büchern und Bildern des Dalai Lama.

Etwa Mitte 2006 verurteilte das Mittlere Volksgericht von Lhasa Sonam Gyalpo zu 12 Jahren Gefängnis unter der Anklage der „Gefährdung der Staatssicherheit“ (2). Zuvor sass er etwa zehn Monate lang in Untersuchungshaft in der Haftanstalt Seitru (Haftzentrum des Public Security Bureau der TAR in Lhasa).

Sonam Gyalpo wurde erstmals am 27. September 1987 in Lhasa festgenommen. Damals war er Mönch im Kloster Drepung und gehörte zu der Gruppe von 21 Mönchen, die die berühmt gewordene Unabhängigkeitsdemonstration vom 27. September 1987 angeführt hatten. Er wurde daraufhin der “konterrevolutionären Aktivitäten” angeklagt und drei Jahre lang in dem berüchtigten Drapchi Gefängnis inhaftiert. Am 20. September 1990 kam er frei.

Die Anklage wegen „konterrevolutionärer Aktivitäten“ war eine der am meisten missbrauchten Anklagekategorien im chinesischen Strafverfahrensgesetz (CPL). 1997 ersetzte China auf internationalen Druck hin die „konterrevolutionären Verbrechen“ durch die „Gefährdung der Staatssicherheit“. Dieser Begriff, der sich auf eine ganze Menge von vage formulierten politischen Vergehen bezieht, wird jetzt regelmässig missbraucht, um Menschenrechtsaktivisten und Regierungskritiker in Tibet zum Schweigen zu bringen und zu verfolgen.

Seine zweite Festnahme erfolgte 1993 nach Rückkehr von einer Reise nach Nepal, wo er seinen Bruder besucht hatte, und dann nach Indien weitergefahren war, um den Segen des Dalai Lama zu empfangen. Das chinesische Sicherheitspersonal durchsuchte sein Hotelzimmer in Dram (Zhangmu) an der Grenze von Nepal zu Tibet. Am 23. Juli 1993 um Mitternacht wurde er festgenommen, weil er angeblich ohne gültige Dokumente ins Ausland gereist war. Zuerst wurde er ein paar Tage in der Haftanstalt Seitru festgehalten und dann in das Nyari Gefängnis in Shigatse verlegt. Nach sechs Monaten in Nyari ohne Kontakte zur Aussenwelt wurde er für weitere sechs Monate im Sangyip Gefängnis in Lhasa inhaftiert.

(1) Oktober 2005: „Stop the Torture in Tibet“ – der Fall Sonam Gyalpo, http://www.igfm-muenchen.de/tibet/ftc/2005/SonamGyalpo.html

(2) 24. November 2006, Ehemaliger tibetischer politischer Gefangener erneut zu zwölf Jahren verurteilt, http://www.igfm-muenchen.de/tibet/TCHRD/2006/SonamGyalpo12years.html

 

Tibetisches Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD), www.tchrd.org 4. September 2017
Übersetzung: Adelheid Dönges, Revision: Angelika Oppenheimer