Im Norden Tibets soll der über 50’000 Quadratkilometer grosse «Mount Qilian»-Nationalpark entstehen. Dafür müssen etwa 4’000 tibetische Nomaden und Ackerbauern umgesiedelt werden. Die im Bezirk Themchen lebenden Tibeter erhielten die offizielle Aufforderung, ihr Land bis Jahresende zu räumen. Sie sollen in Siedlungen im weiter nördlich gelegenen Golmud ziehen.
Am 3. September wurden die Betroffenen zu einer Versammlung bestellt, in der der Präsident des Bezirks, Sengdrug, alle drängte, der Räumung nachzukommen. Die Errichtung des Nationaparks sei ein Ausdruck von Präsident Xi Jinpings Engagement für den Umweltschutz. Ironischerweise war kürzlich ein massiver Fall von illegalem Bergbau bekannt geworden [vergl. Tibet-Information vom 24. August 2020; UM]. Nachdem der Besitzer der Mine mutmasslich mittels Bestechung jahrelang ohne Genehmigung operieren konnte, war er verhaftet worden.
Die Behörden haben im Bezirk Themchen offenbar mehrere sogenannte «Aufmerksamkeitstrainings» durchgeführt, in denen die Betroffenen gedrängt wurden, «freiwillig» ihr Land aufzugeben und dem Umzug zuzustimmen. Zeugen berichten RFA, dass denjenigen, die sich dagegen aussprechen, «ernste politische Konsequenzen» angedroht werden. In vielen Fällen enden Umgesiedelte in bedrängten und ärmlichen Wohnverhältnissen ohne Perspektive für neue Arbeit. Versprechen nach Überbrückungsprogrammen und Kompensation für aufgegebenes Land werden nicht selten gebrochen.
Radio Free Asia (RFA), 9. September 2020 // Dr. Uwe Meya
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