Tibet-Info der GSTF vom 19. Dezember 2013: Weitere Selbstverbrennung in Tibet // Tibetischer Gelehrter in Haft zu Tode geprügelt

19. Dezember 2013

Am Nachmittag des 19. Dezember hat sich der 42-jährige Mönch Tsultrim Gyatso in Amchok, Präfektur Malho in der chinesichen Provinz Gansu, selbst verbrannt. Er war Mönch im Kloster Amchok. Nach Berichten von Augenzeugen starb er auf der Stelle. Anderen Mönchen und zufällig anwesenden Laien gelang es, seinen Leichnam vor Eintreffen von Polizei in das Kloster zu bringen. Dort versammelten sich über 400 Mönche für die Totenrituale.

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Tsultrim Gyatso hinterliess Notizen in Versform, die TCHRD nur teilweise übersetzen konnte, weil nicht alle leserlich waren. Darin fordert er die Rückkehr des Dalai Lama, die Freilassung des Panchen Lama und Massnahmen zum Wohlergehen für alle Tibeter, beklagt aber auch die rücksichtlose Ausbeutung von Bodenschätzen durch China und die drakonischen Unterdrückungsmassnahmen.

Damit steigert sich die Zahl der Selbstverbrennungen seit 2009 auf insgesamt 125.

Tibetischer Gelehrter in Haft zu Tode geprügelt

Am 17. Dezember starb der Mönch Ngawang Jamphel, 45, in der Haft in Lhasa, mutmasslich durch erlittene Misshandlungen. Er war am 23. November mit zwei weiteren Mönchen festgenommen worden, als sie ihre Ferientage in Lhasa verbrachten.

Ngawang Jamphel war im Kloster Tarmoe im nordtibetischen Bezirk Driru ein sehr angesehener buddhistischer Gelehrter. Driru war seit Oktober Schauplatz mehrerer Proteste, Verhaftungen und „Umerziehungskampagnen“, nachdem sich Anwohner den erzwungenen Loyalitätskundgebungen für China verweigert hatten.

Sein Leichnam wurde am 17. Dezember der Familie übergeben, die in Lhasa die Einäscherung durchführte. Nach Angaben von Familienmitgliedern ist die erlittene Gewalt während der Haft so gut wie sicher die Todesursache, da er sich bei der Verhaftung in ausgezeichnetem Gesundheitszustand befand. Das Schicksal der beiden anderen verhafteten Mönche ist unklar. Die Behörden verboten den Familienangehörigen, über seinen Tod zu sprechen. Würden diese Nachrichten ausserhalb Tibets verbreitet, drohe ihnen „das gleiche Schicksal“.

Ngawang Jamphel hatte zwischen 1989 und 2007 im indischen Exil höhere buddhistische Studien betrieben und mit dem Titel eines Geshe, vergleichbar mit Bachelor, abgeschlossen. Nur ein Jahr nach seiner Rückkehr nach Tibet wurde er wegen „Verrats von Staatsgeheimnissen“ verhaftet und verbrachte 2 Jahre in Haft. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis unterrichtete er Mönche und Laien im Kloster Tarmoe in buddhistischer Dialektik und beteiligte sich an zahlreichen sozialen Initiativen, wie z.B. dem Schlichten von Streitigkeiten oder Massnahmen, Jugendliche vom Alkohol oder Glücksspiel abzuhalten. Sowohl im Kloster als auch im Dorf war er wegen seiner Kenntnisse der buddhistischen Lehre hoch angesehen.

Das Kloster Tarmoe wurde gleich nach der Verhaftung von Sicherheitskräften durchsucht und ist seitdem geschlossen. Als die Mönche sich weigerten, die Schlüssel zu ihren Mönchszellen auszuhändigen, wurden die Türen aufgebrochen und zahlreiche Gegenstände wie Laptops, Mobiltelefone, Satellitenschüsseln, aber auch Fotografien und andere persönliche Habseligkeiten mitgenommen. Regierungskader verlangten, dass alle Mönche des Klosters, die sich zu buddhistischen Studien im Ausland oder in den benachbarten Provinzen aufhalten, unverzüglich zürückgerufen werden, und dass alle Mönche unter 17 Jahren aus dem Kloster fortgewiesen werden. In zwei benachbarten Klöstern wurden insgesamt 8 Mönche verhaftet.

Die Verhaftung von Ngawang Jamphel ist nur eine weitere in der langen Reihe von Verhaftungen seit 2008, die vor allem auf gut ausgebildete Tibeter abzielt. Damit sollen vor allem die möglichen Wortführer von Protesten zum Schweigen gebracht werden. Mönche, die sich im indischen Exil oder in Nachbarprovinzen weitergebildet haben, gelten als besonders gefährlich und sind Ziel strikter „Umerziehungsmassnahmen“. Driru gilt laut Regierungsquellen generell als „instabile“ Region und soll vordringlich „befriedet“ werden, um „negative Folgen“ für andere Regionen in Tibet zu verhindern.

Quellen: Phayul; Radio Free Asia RFA; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD

Zusammengestellt für die GSTF von Dr. Uwe Meya