China plant Zerstörung der grössten buddhistischen Akademie
Laut einer offiziellen Ankündigung plant China, die weltweit grösste buddhistische Akademie bis September 2017 weitgehend zu zerstören. Betroffen ist das Studienzentrum Larung Gar im Bezirk Serthar in der Präfektur Kardze. Larung Gar ist kein tibetisch-buddhistisches Kloster im konventionellen Sinn, sondern ein Zentrum der buddhistischen Lehre, das sich übergreifend über einzelne Schulen des tibetischen Buddhismus an alle Lernenden wendet und auch zahlreiche Studenten aus dem chinesischen Festland und anderen asiatischen Staaten angezogen hat. Weit über 10’000 Lernende sollen sich derzeit dort aufhalten und wohnen in einer Siedlung, die sich zwischen zwei benachbarte Hügel schmiegt.
Laut einem publizierten Dekret soll die Zahl der Studierenden bis September 2017 auf 5’000 eingefroren werden. Weil etwa 60 – 70 Prozent der Behausungen abgerissen werden sollen, befürchten die Studierenden, dass de facto die Zahl der Studierenden weit unter 5’000 sinken wird. Schon im vergangenen Jahr wurden 600 Studierende weggewiesen, zusätzlich mussten auch 60 Mitglieder der Gemeinschaft, die über 60 Jahre alt, weichen. Im Moment würden laut Informanten weitere 1’200 von ihrer Wegweisung unterrichtet. Der Abriss der ersten Behausungen habe bereits stattgefunden, und weitere würden derzeit für den Abriss markiert. Als Begründung wurde angegeben, dass diese Behausungen dem Strassenbau im Wege stünden oder die Passage von Feuerwehrfahrzeugen behinderten.
Der Gründer Khenpo Jigme Phuntsok liess sich im Jahre 1980 in Kardze als Einsiedler nieder und unterrichtete zunächst nur wenige Studenten. Als sich deren Zahl über die Zeit erheblich steigerte, gelang dem X. Panchen Lama im Jahre 1987 die Anerkennung von Serthar als „akademisches Institut“. Möglicherweise wegen dieses einzigartigen Status blieb es von der ersten Welle der „patriotischen Umerziehung“ seit 1997 verschont, die sich auf Klöster konzentrierte. Serthar geniesst seitdem einen hervorragenden Ruf wegen der Qualität seiner Lehre und Sammlung von chinesischen und tibetischen Schriften.
Serthar war bereits 2001 von einer massiven Zerstörungsaktion betroffen. Damals sollten etwa 1’000 Behausungen abgerissen werden. Durch Wegweisungen sollte die Zahl der Studierenden von über 10’000 auf etwa 1’400 reduziert werden. Später zeigte sich, dass über 2’000 Behausungen zerstört worden waren. Chinesische Arbeiter erhielten einen «Lohn» von umgerechnet Fr. 20 pro zerstörtes Gebäude. Den Studierenden wurde verboten, sich einem anderen Kloster anzuschliessen und befohlen, sich stattdessen wieder in ihrem Heimatort niederzulassen. Viele irrten im beginnenden Winter ziellos in den umliegenden Hügeln umher, weil sie in ihrer Heimat keine Angehörigen mehr hatten. Khenpo Jigme Phuntsog stand während der ersten Zerstörungsaktion faktisch unter Hausarrest, war gesundheitlich angegriffen und starb wenig später.
Quellen: Radio Free Asia, 7. Juni 2016, New Delhi TV, 10. Juni 2016
Wiederum zwangsweiser Abriss von tibetischen Gebäuden am Koko-nor
Wie bereits im Mai und Oktober 2015 wurden im Juni wiederum zahlreiche Gebäude von Tibetern am Koko-nor (chin. Qinghai Lake) zerstört. Mehr als 600 Gebäude, Geschäfte und Restaurants, aber auch Wohngebäude, wurden in einer konzertierten Aktion unter Polizeibegleitung mit schwerem Gerät abgerissen. Als Begründung wurde mitgeteilt, die Gebäude seien «illegal» errichtet. Betroffene Tibeter bericheteten, sie hätten ordungsgemäss Anträge auf Genehmigung gestellt, aber die von Funktionären geforderten Bestechungsgelder nicht gezahlt.
Etwa ein Drittel der zerstörten Gebäude gehörte Tibetern, aber auch Muslime und Han-Chinesen waren von der Zerstörungsaktion betroffen. Fünf Eigentümer, drei Tibeter und zwei Muslime, wurden in Handschellen abgeführt. Die Betroffenen fürchten, dass noch weitere Siedlungen vom Abriss betroffen werden. Es kommt nicht selten vor, dass reiche Chinesen Bestechungsgelder an die Verwaltung zahlen, damit diese die Verkäufe forcieren, um sich danach die lukrativen Lagen selbst zunutze zu machen.
Im Oktober 2015 wurden etwa 300 Geschäfte und Restaurants abgerissen. Die offizielle Begründung lautete damals, dass die Tibeter die Gegend „verschmutzt“ hätten, und im Mai 2015 wurden Abrisse damit begründet, dass die Gebäude die „schöne Aussicht“ auf den See störten.
Quelle: Radio Free Asia, 3. Juni 2016
Zusammengestellt und redigiert für die GSTF von Dr. Uwe Meya