Der völkerrechtliche Status

Rechtslage

Gemäss internationalem Recht ist ein souveräner Staat dann existent, wenn sein Gebiet von seinem Volk und seiner Regierung effektiv kontrolliert wird und er in der Lage ist, internationale Beziehungen einzugehen.

Territorium

Das historische, kulturelle und ethnische Gebiet Tibets erstreckt sich von der McMahon-Linie im Westen und Süden bis zu Kunlun und Altyn Tagh im Norden und Dhartse-dho (Ta-chien-lu) im Osten. Das ganze Gebiet umfasst rund zwei Millionen Quadratkilometer.

Volk

Die sechs Millionen Tibeter bilden ethnisch, kulturell, sprachlich und geschichtlich ein eigenständiges Volk, das sich von seinen Nachbarvölkern eindeutig unterscheidet.

Regierung

Die tibetische Regierung in Lhasa unter der Führung des Dalai Lama war die unangefochtene Herrscherin über Tibet.

Seit der Unabhängigkeitserklärung durch den 13. Dalai Lama im Jahr 1913 hat China weder Macht noch Autorität irgendwelcher Art in oder über Tibet ausgeübt. Bell, Grossbritanniens politischer Beamter in Sikkim und zugleich zuständig für Tibet, eine weltbekannte Autorität in Sachen Tibet, weist ausdrücklich darauf hin, dass seit 1912 jegliche chinesische Kontrolle über Tibet aufgehört habe.

Tsung-lien Shen und Shen Chi-liu, beide Vertreter der nationalchinesischen Regierung in Lhasa, die 1949 Tibet verlassen mussten, berichten:

„Seit 1911 hat Lhasa in allen faktischen Bereichen eine völlige Unabhängigkeit genossen.“

Richardson, der als diplomatischer Leiter zunächst der britischen und später der indischen Mission in Lhasa insgesamt acht Jahre in Tibet verbracht hat, bestätigt ebenfalls, dass Tibet bis zur kommunistischen Invasion 1950 völlige De-facto-Unabhängigkeit genossen habe. Als Ausdruck der tibetischen Unabhängigkeit zu dieser Zeit wird auch die Tatsache gewertet, dass die tibetische Regierung im Februar 1940 ein Amt für auswärtige Angelegenheiten errichtete. Die von der tibetischen Regierung verfolgte Neutralitätspolitik während des Zweiten Weltkrieges unterstreicht zudem ihre volle Handlungsfreiheit und die Unabhängigkeit Tibets.

Position Chinas

Die Regierung der Volksrepublik China vertritt jedoch die historisch fragwürdige Auffassung, Tibet habe seit der Yuan-Dynastie unter chinesischer Souveränität gestanden und sei deshalb ein unveräusserlicher Teil Chinas. Wie die vorangehende historische Darstellung gezeigt hat, kann die mongolische Oberherrschaft über Tibet nicht als eine chinesische ausgelegt werden. Zwischen den Souveränitätsansprüchen Chinas und dem ihnen zugrunde liegenden historischen tibetisch-chinesischen Verhältnis besteht eine offensichtliche Diskrepanz.

Seit der Unabhängigskeitserklärung durch den 13. Dalai Lama im Jahre 1913 bis zur völkerrechtswidrigen Annexion durch die Volksrepublik China im Jahre 1951 ist Tibet ein vollständig unabhängiger Staat gewesen. Dies ist durch die Internationale Juristenkommission in ihrem Gutachten zur Tibet-Frage von 1960 auch bestätigt worden. Darin stellt sie fest, dass Tibet im Jahre 1949, als es von China gewaltsam besetzt wurde, die Kriterien für einen selbständigen Staat erfüllt habe: ein Volk mit einem eigenen Territorium und einer eigenen funktionierenden Regierung in diesem Territorium. Diese Feststellung ist ausserdem vom Wissenschaftlichen Fachdienst des Deutschen Bundestages in seinem Gutachten von 1987 bestätigt worden.

Gyaltsen Gyaltag

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