Tibetische Frauen müssen, genauso wie chinesische Frauen, zwischen 25 und 35 Jahre alt sein, um ein Kind bekommen zu dürfen. Nach der Geburt dürfen sie erst vier Jahre später wieder schwanger werden. Frauen, die gegen diese Regel verstossen, werden zu einer Abtreibung, oft auch Sterilisation, gezwungen. Die Strafen für ein drittes Kind sind so streng, dass die meisten es vorziehen, das Kind zu Hause zu bekommen. Denjenigen, die die hohen Strafen bei Entdeckungen nicht zahlen können, wird das Vieh weggenommen.
Auf regelmässigen Versammlungen erklären Arbeitsbrigadenführer den Frauen, dass sie nur ein Kind bekommen sollen. Diejenigen, die einer Sterilisation dann zustimmen, werden gelobt und erhalten eine Wolldecke und 100 Yuan als Belohnung. Behinderte Frauen werden grundsätzlich sterilisiert.
Erzwungene Abtreibungen und Sterilisationen
Doch es liegt z.B. der Menschenrechtsorganisation „Asia Watch“ eine wachsende Anzahl von Berichten über erzwungene Abtreibungen (gleichgültig in welchem Monat die Frauen schwanger sind) und Sterilisationen vor. Detailliert schilderte der chinesische Arzt Dr. Bao Fu solche Abtreibungspraktiken schon Anfang 1987. Auch der Tibetischen Regierung im Exil liegt eine Namensliste von 55 betroffenen Frauen vor. Der amerikanische Arzt Dr. Blake Kerr sammelte während eines Aufenthaltes in Tibet ähnliche Berichte, wobei er nur solche akzeptierte, die er für verlässlich hielt, und kam auf 92 solcher Geschehnisse. Der tibetische Arzt Pema erzählte ihm, es gebe zwei Arten sogenannter chinesischer „Geburtenkontrollgruppen“: eine in den chinesischen Krankenhäusern in Tibet, eine andere, die von Ort zu Ort zieht. Die Gruppen, die 1982 gebildet wurden und deren Zahl seit 1987 stark angewachsen ist, bekommen finanzielle Anreize für solche Eingriffe, und das, obwohl die Frauen zwischen 100 und 200 Yuan (ca. sechs Monatsgehälter) dafür zahlen müssen.
Zwei geflüchtete tibetische Mönche, Ngawang Smanla und Tsewang Thonden, berichten:
„Im Herbst 1987 stellte ein chinesisches Geburtenkontroll-Team sein Zelt in der Nähe unseres Klosters in Amdo auf. Den Dorfbewohnern wurde gesagt, dass alle Frauen zum Zelt wegen einer Abtreibung oder Sterilisation kommen müssten, wenn sie keine ernsten Konsequenzen befürchten wollen. Die Frauen, die freiwillig zum Zelt kamen und keinen Widerstand leisteten, bekamen medizinischen Beistand. Die Frauen, die sich widersetzten, wurden mit Gewalt zum Zelt gebracht und operiert – sie bekamen keinerlei medizinische Unterstützung. Selbst bei Frauen, die im neunten Monat schwanger waren, wurden die Babies herausgeholt…Wir sahen viele Mädchen weinen, und wir sahen den wachsenden Berg von Föten, der ausserhalb des Zeltes lag und fürchterlich stank.“
Alle schwangeren Frauen wurden in den zwei Wochen, in denen das Zelt dort stand, einer Abtreibung unterzogen und anschliessend sterilisiert, und alle Frauen, die hätten schwanger werden können, wurden sterilisiert.
Kindestötungen
Noch schockierender sind die Berichte von Kindesmord; dem Töten neugeborener Kinder unmittelbar nach der Geburt. Drei Frauen berichteten Dr. Kerr, dass Bekannte oder Verwandte ein gesundes Kind zur Welt gebracht hätten, das anschliessend von einer Krankenschwester mit einer Spritze in die weiche Stelle der Schädeldecke umgebracht wurde. Der erwähnte tibetische Arzt Pema hat selbst 400 solcher tödlichen Injektionen an gesunden tibetischen Kindern gesehen. Oft werden die Kinder auch erstickt, auf dem Lande manchmal in kochendem Wasser getötet, jedoch in Kliniken, wie in der obigen Schilderung, durch die Injektion von reinem Alkohol direkt in den Schädel. Aerzte oder Hebammen, die ihre Mitarbeit verweigern, müssen um ihren Arbeitsplatz fürchten.
Die Chinesen rühmen sich, 581 Krankenhäuser in Tibet eingerichtet zu haben. Die Tibeter nennen sie „Schlachthäuser“.
Tibet Initiative Deutschland e.V.