Der Pfau als Bräutigam

«In langvergangenen Zeiten lebte der König der Flamingos, Raschtrapala. Als die Vögel, die in den verschiedenen Ländern wohnten, hörten, daß seine Tochter sich einen Gatten zu erwählen beabsichtige, da versammelten sie sich, und jeder hoffte, daß er ihr Gemahl werden würde.

Als die Vogelprinzessin jedoch den Pfau erblickte, sagte sie: „Dieser soll mein Gatte werden!“ Daraufhin teilten ihm die anderen Vögel mit, daß er als Gatte er- wählt worden sei, und er breitete seinen Fächerschwanz aus und begann zu tanzen.

Auch Raschtrapala sah ihn und fragte: „Warum tanzt er?“ Die anderen antworteten: „Weil er der Gatte deiner Tochter werden wird.“ Raschtrapala erklärte jedoch: „Ihm will ich meine Tochter nicht geben, denn er ist dreist und schamlos.“ Als der Pfau dies hörte, ging er zu Raschtrapala und fragte ihn in der Form eines Doppelverses: „Warum weigerst du dich, mir deine Tochter zu geben, obwohl ich eine liebliche Stimme, eine wunderschöne Farbe, Schwingen mit Augen geschmückt und einen Hals gleich Lapislazuli habe?“

Raschtrapala antwortete: „Obwohl du eine liebliche Stimme, eine wunderschöne Farbe, Schwingen geschmückt mit Augen, und einen Hals gleich Lapislazuli hast, will ich sie dir dennoch nicht geben, denn du leidest an Unverschämtheit.“»

aus „Perlen alttibetischer Literatur“, B.C. Olschak, Birkhäuser Verlag Basel und Stuttgart

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