Der weise und der närrische Affenführer

«In langvergangenen Zeiten lebten in einem bestimmten Lande zwei Affenführer, und jeder von ihnen herrschte über eine Bande von fünfhundert Affen. Als einer von ihnen mit seiner Schar umherwanderte, näherte er sich einem Dorfhügel. Dort wuchs ein Kimapakabaum, dessen Zweige sich unter den Früchten bis auf den Boden neigten. Deshalb sagten die Affen zu dem Anführer ihrer Schar: „0 Anführer, da der Baum sehr reich an Früchten ist und das Gewicht der Früchte seine Zweige bis an den Boden drückt, so lasse uns – nach unseren Anstrengungen – die Früchte genießen.“ Nachdem der Anführer der Schar nach dem Baume gesehen hatte, sagte er in Versen: „Obwohl der Baum nahe des Dorfes steht, so haben die Kinder doch nicht von den Früchten gegessen. Daraus kann man schließen, daß es nicht ratsam ist, Früchte dieses Baumes zu genießen.“ Nachdem er so gesprochen hatte, gingen sie weiter.

Nach ihnen näherte sich auch der Anführer der anderen Affenschar diesem Dorfe. Und als die Affen den Kimpakabaum sahen, sagten sie zu ihrem Anführer: „0 Anführer, da es Früchte auf diesem Baume hat und wir er- schöpft sind, würden wir gerne die Früchte genießen und Kräfte gewinnen.“ Er antwortete: „Gut, tuet so.“

Die Affen aßen von den Früchten und erlitten leider in der Folge Todesqualen.

aus „Perlen alttibetischer Literatur“, B.C. Olschak, Birkhäuser Verlag Basel und Stuttgart

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