Tibeter wegen Selbstverbrennung seiner Frau zum Tode verurteilt – Mönch in Ngaba stirbt nach Selbstverbrennung

18. August 2013

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org,
17. August 2013

Die Behörden greifen immer härter gegen die Selbstverbrennungsproteste durch. Nun verurteilten sie in der TAP Ngaba einen Tibeter zum Tode, weil er angeblich seine Frau umgebracht habe.

Wie Xinhua auf China.org.cn und in der Global Times meldete, wurde Dolma Kyab, 32, über fünf Monate nach dem Tod seiner Frau Kunchok Wangmo, 29, im Bezirk Dzoege der TAP Ngaba, zum Tode verurteilt (1).

In der Meldung heißt es unter Berufung auf die Justizbehörden, Dolma Kyab habe seine Frau am 11. März 2013 um 23 Uhr nach einer Auseinandersetzung wegen seiner Trunksucht erwürgt. Am folgenden Morgen habe er den Körper seiner Frau verbrannt, um es aussehen zu lassen, als ob sie sich selbst verbrannte. Dolma Kyab ist der einzige Ernährer seiner Familie, die aus seiner 8jährigen Tochter und seiner alten Mutter besteht.

Tibetische Exilquellen hatten damals aber berichtet, daß Kunchok Wangmo am 13. März 2013 bei ihrem Feuerprotest auf der Hauptstraße der Bezirksstadt Dzoege gestorben ist. Einen Tag danach, am 14. März 2013, wurde Dolma Kyab festgenommen, nachdem er sich der behördlichen Forderung widersetzt hatte, den Tod seiner Frau Familienproblemen zuzuschreiben.

Interessanterweise wird in der Xinhua-Meldung Dolma Kyabs Anwalt Su Haijung zitiert, der sagte, daß Kunchok Wangmos Eltern nicht glauben könnten, daß ihr Schwiegersohn ihre Tochter getötet habe, weil die beiden „im allgemeinen gut miteinander auskamen“.

In letzter Zeit hat China immer aggressivere Angebote, vor allem in Form von Schweigegeld gemacht, um die Familienmitglieder der Selbstverbrenner mundtot zu machen. Letztes Jahr wurde Dhonue, der Ehemann von Dolkar Tso, später festgenommen, weil er sich weigerte, Geld von den Behörden anzunehmen, damit er sage, Familienprobleme seien schuld am Tod seiner Frau. Dolkar Tso verbrannte sich am 7. August 2012 in der Nähe des Tsoe Gaden Choeling Klosters in der Stadt Tsoe in der TAP Kanlho, Provinz Gansu.

Ebenso boten die Behörden den Angehörigen von Sangay Gyatso, einem weiteren Feueropfer aus derselben Gegend, eine Million Yuan, wenn sie ein Dokument unterschrieben, daß die Selbstverbrennung sich nicht gegen Chinas Herrschaft über Tibet gerichtet habe.

Dolma Kyab ist der erste Tibeter, der im Zusammenhang mit den Feuerprotesten zum Tode ohne Aufschub verurteilt wurde. Das Mittlere Volksgericht der TAP Ngaba fällte das Todesurteil.

Im Januar 2013 verurteilte dasselbe Gericht Lobsang Kunchok, 40, zum Tode mit zweijährigem Aufschub unter der Anklage des „vorsätzlichen Mordes“, während sein Neffe, Lobsang Tsering, 31, eine Gefängnisstrafe von zehn Jahren bekam.

Die jüngste Todesstrafe zeigt, daß die Behörden ihre Haltung gegenüber den Selbstverbrennungen noch verschärft haben, indem sie mit ein paar Verwandten, die nicht tun, was sie von ihnen fordern, ein Exempel statuieren, um Verwandte anderer Selbstverbrenner einzuschüchtern, damit sie sich der offiziellen Linie unterwerfen.

Die Behörden nehmen immer mehr Tibeter fest und verurteilen sie im Zusammenhang mit den Feuerprotesten, manche werden für sechs bis zehn Jahre hinter Gitter gesperrt, weil sie angeblich etwas mit diesen Handlungen zu tun gehabt hätten. Im Februar 2013 erwähnten die Behörden in der Provinz Qinghai die Festnahme von über 70 Verdächtigen, von denen 12 dann formell angeklagt wurden.

Das TCHRD ist verständlicherweise skeptisch bezüglich der angeblichen Geständnisse, die Dolma Kyab zu dem Mord an seiner Frau gemacht haben soll. Es wird weiterhin unvermindert zur Folter gegriffen, um in politisch motivierten Fällen Geständnisse zu erpressen. Chinas Mangel an Transparenz in Sachen Todesstrafe sowie seine Nichteinhaltung internationaler Rechtsnormen wirft wichtige Fragen über die Rechtmäßigkeit dieses gegen Dolma Kyab verhängten Todesurteils auf. Obwohl China angibt, daß Dolma Kyab in einem „offenen Verfahren“ verurteilt worden sei, ist dieser sogenannte Prozeß verdächtig, weil bei den Kriminalfällen in China fast 99 % aller Tatverdächtigen überführt werden.

Das Zentrum ruft die chinesischen Behörden auf, von der Politisierung des Themas Selbstverbrennung Abstand zu nehmen und die verabscheuungswürdige Praxis der Hetzkampagnen gegen Personen und Personenkreise, die auf Mißstände auf legitime Weise hinweisen, zu beenden.

Vor allem verurteilt das Zentrum den Griff zur Todesstrafe, weil sie das Grundrecht auf Leben verletzt, sowie das Recht, keiner grausamen, unmenschlichen oder herabwürdigenden Behandlung oder Strafe ausgesetzt zu werden. Die anhaltende Anwendung der Todesstrafe ist ein Beweis dafür, daß China das weltweite Moratorium für die Todesstrafe zurückweist. In dieser 2007 von den Vereinten Nationen beschlossenen Resolution wird eine Aussetzung der Hinrichtungen im Hinblick auf eine Abschaffung der Todesstrafe gefordert.

Das Zentrum bittet um die sofortige und dringende Intervention des UN Sonderberichterstatters für Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren, Massenhinrichtungen oder willkürliche Exekutionen, außerdem von den Regierungen weltweit und der internationalen Gemeinschaft, damit die Menschenrechte von Dolma Kyab respektiert und geschützt werden. Das Zentrum ruft den Sonderberichterstatter auf, den Fall zu untersuchen einen Dringlichkeitsappell an China bezüglich der Anwendung der Todesstrafe in diesem Fall zu richten.

(1) 18. März 2013, „Ehemann nach Feuertod seiner Frau verhaftet“, http://www.igfm-muenchen.de/tibet/ctc/2013/LobsangThokmeyKunchoWangmo_18.3.html