Ein tibetischer Student wurde im April verhaftet, weil er für seine Prüfung einen kritischen Aufsatz verfasst hatte, in dem er sich über die Benachteiligung von jungen Tibetern für Beamtenstellen in der Regierung beklagt hatte. Der Tibeter mit Namen Sonam Lhundrub war Kandidat für die Master-Prüfungen an der Minzu-Universität in der heutigen chinesischen Provinz Gansu.
Die Minzu-Universität ist die älteste Universität für Studenten aus Tibet. Sie wurde 1958 in der Stadt Xianyang in der Provinz Shaanxi als öffentliche Bildungseinrichtung für Tibet gegründet und 1965 in «Tibet Minzu University» umbenannt. Kürzlich wurde bekannt, dass dort jeglicher Unterricht in tibetischer Sprache eingestellt wird.
Sonam Lhundrub hatte in seinem Aufsatz, den er in chinesischer Sprache abfasste, darüber geklagt, dass jedes Jahr weniger tibetische Universitätsabsolventen zu den Eingangstest für Beamtenstellen zugelassen würden. Ein Informant von RFA fügte hinzu, obwohl doch die Zentralregierung angeblich immer mehr Arbeitsstellen in Tibet schaffen wolle, seien in diesem Jahr nur 210 von insgesamt 70’000 tibetischen Absolventen für den Eingangstest akzeptiert worden. Unter den Studenten in Tibet wachse die Frustration über die stetig sinkende Zahl von Stellen in der Verwaltung, die sie noch erhielten. Immer mehr Han-Chinesen würden sich bewerben, und die Prüfungen bevorzugten Personen mit chinesischer Muttersprache.
Der Aufsatz fand in sozialen Netzwerken grosse Beachtung, wurde aber inzwischen entfernt. Ein weiterer Aufsatz eines anderen Tibeters, der die Bedeutung der buddhistischen Religion für die tibetische Kultur preist, war dagegen noch länger verfügbar und hatte über 27’000 Leser, die teilweise sehr positive Kommentare abgaben. SonamLhundrubist noch immer in Haft und werde angeblich täglich verhört. Die Behörden haben kürzlich auch mit Befragungen seiner Kommilitonen und Freunde begonnen.
Radio Free Asia, 16. April 2019 und 3. Mai 2019 / Dr. Uwe Meya