Radio Free Asia und Phayul berichteten von einem Vorfall am 5. September 2019, bei dem in Simikot im Nordwesten Nepals angeblich sechs verhaftete tibetische Flüchtlinge gegen ihren Willen chinesischen Grenzwachen übergeben wurden. Allerdings dementierte eine nepalische NGO, Human Rights Watch of Nepal (HURON), diesen Vorfall einige Tage später.
Laut Augenzeugen, die von Radio Free Asia und Phayul zitiert werden, waren sechs Personen in traditioneller tibetischer Kleidung kurz nach dem Überqueren der Grenze in der nepalischen Ortschaft Legme verhaftet worden. Danach wurden sie in Handschellen gefesselt und nach Simikot gebracht. Simikot ist die Hauptstadt der Provinz Humla. Über den lokalen Flughafen reisen viele Touristen und Pilger nach Tibet ein, um die heiligen Seen Manasarovar und Rakshastal und den heiligen Berg Kailash zu besuchen.
Die verhafteten Tibeter hätten die nepalischen Grenzwachen angefleht, sie nicht nach Tibet zurückzuführen und angegeben, sie suchten in Nepal Asyl. Auch Nepali hätten sich dafür eingesetzt, die Flüchtlinge laufen zu lassen. Die nepalischen Grenzwachen hätten sie jedoch davongejagt und ihnen unter Androhung von Strafen verboten, anderen über den Vorfall zu berichten. Noch am gleichen Tag seien die Tibeter dann chinesischen Grenzwachen übergeben worden.
HURON teilt mit, dass die von ihnen befragten Zeugen diesen Vorfall nicht bestätigen können. Es sei auch unwahrscheinlich, dass Tibeter von dem weit entfernten Legme, wo sie aufgegriffen wurden, bis nach Simikot transportiert wurden. In der Vergangenheit seien noch nie Flüchtlinge nach Tibet zurückgeführt worden, hätten sie einmal Simikot erreicht.
In der Vergangenheit gab es eine inoffizielle Vereinbarung zwischen der nepalischen Regierung und dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), dass aufgegriffene Flüchtlinge in ein Auffanglager nach Kathmandu gebracht werden, wo ihre sichere Passage nach Indien arrangiert wurde. Die vielen wechselnden Regierungen in Nepal hielten sich allerdings nicht immer an diese Regelung. Auch gab es schon vor mehreren Jahren Berichte, nach denen China erheblichen Druck auf Nepal ausübt und möglicherweise sogar «Kopfgeld» für überstellte Flüchtlinge bezahlt. In der Nähe von Tibets zweitgrösster Stadt, Shigatse, wurde 2004 ein Gefängnis errichtet, in das überstellte tibetische Flüchtlinge gebracht werden, wo sie in der Regel schwer misshandelt werden. Zynischerweise wurde dem Gefängnis der Name «Neues Empfangszentrum von Tibet» gegeben, was ein fast identischer Name ist wie die Flüchtlingszentren in Kathmandu und Dharamsala im indischen Exil.
Radio Free Asia und Phayul, 9. September 2019 // Dementi von HURON: Phayul, 11. September 2019 // Dr. Uwe Meya
Bild: Symbolbild (protestierende Tibeter vor dem chinesischen Konsulat in Kathmandu 2012, Radio Free Asia)