2.12. Die Schatzvase
Die Schatzvase symbolisiert Reichtum, Fülle und das Erreichen spiritueller Erleuchtung.
Die Schatzvase (Tib. „gter-chen-po’i bum-pa“, Sanskrit: „kalasha“) ist eines der Acht Glückssymbole (Sanskrit: „Ashtamangala“), die in der tibetischen, indischen und buddhistischen Kunst und Religion eine zentrale Rolle spielen. Diese Symbole werden häufig in Tempeln, auf Thangkas (buddhistische Rollbilder) oder während religiöser Zeremonien verwendet und repräsentieren verschiedene Aspekte der Lehren des Buddhismus sowie allgemeine Wünsche nach Glück und Wohlstand.
Symbolische Bedeutung der Schatzvase
Die Schatzvase symbolisiert Fülle, Reichtum und den unerschöpflichen Segen, den die buddhistische Lehre ihren Anhängern bietet. Ihre Form ist traditionell mit einem breiten Bauch, einem schmalen Hals und einer geschlossenen Kappe gestaltet, die oft von wertvollen Materialien wie Gold oder Edelsteinen gekrönt ist. Diese Form erinnert an antike Gefässe, die zur Aufbewahrung kostbarer Gegenstände verwendet wurden.
Fülle und Reichtum: Die Schatzvase wird oft mit einem Überfluss an spirituellen und materiellen Schätzen in Verbindung gebracht. Sie symbolisiert nicht nur den materiellen Wohlstand, sondern auch den inneren Reichtum, wie Weisheit, Mitgefühl und spirituelle Einsicht. Es wird geglaubt, dass die Vase endlose Gaben spendet, ähnlich einem magischen Objekt, das niemals leer wird.
Spirituelle Bedeutung: In der buddhistischen Praxis steht die Vase auch für den unerschöpflichen Vorrat an Tugenden und Segnungen, die durch die Praxis des Dharma (der Lehren Buddhas) erworben werden können. Sie erinnert die Praktizierenden daran, dass die Quelle des Glücks nicht von äusseren Umständen abhängt, sondern von der inneren Haltung und den spirituellen Werten, die man kultiviert.
Ritualgebrauch: In tibetisch-buddhistischen Ritualen wird die Schatzvase oft als rituelles Objekt verwendet. Sie kann mit heiligem Wasser, Kräutern oder anderen symbolischen Substanzen gefüllt werden und wird während Zeremonien als Zeichen für Segen und Schutz dargeboten. Solche Vasen werden auch in Tempeln aufgestellt, um Wohlstand und spirituelle Fülle für die Gemeinschaft zu sichern.
Historische und kulturelle Kontexte
Die Ursprünge der Schatzvase lassen sich auf frühe indische Traditionen zurückführen, wo solche Gefässe in rituellen und religiösen Kontexten weit verbreitet waren. Die Verbindung dieser Vase mit den acht Glückssymbolen entwickelte sich im Laufe der Zeit, als der Buddhismus von Indien nach Tibet und andere asiatische Länder gelangte. Dort wurde die Symbolik in den spezifischen kulturellen Kontext eingebettet und weiterentwickelt.
In der tibetischen Kunst wird die Schatzvase oft in Mandalas oder als Einzelobjekt dargestellt, um die Idee des unerschöpflichen Segens zu visualisieren. Sie ist ein zentrales Symbol, das den Glauben an die immerwährende Grosszügigkeit des Universums und die Möglichkeit des spirituellen Wachstums verkörpert.
Quellen
Text:
- Beer, Robert. The Handbook of Tibetan Buddhist Symbols. Serindia Publications, 2003.
- Kohn, Richard J. Lord of the Dance: The Mani Rimdu Festival in Tibet and Nepal. State University of New York Press, 2001.
- Rhie, Marylin M. and Robert A. F. Thurman. Wisdom and Compassion: The Sacred Art of Tibet. Harry N. Abrams, 1996.
Bild: Tibet-Institut Rikon, Peter Oberholzer