Seit dem 22. August kam es im Zuge von Razzien zu insgesamt 121 Verhaftungen in Dza Wonpo in der osttibetischen Präfektur Kardze, heute zur Provinz Sichuan gehörend. Betroffen sind sowohl Laien als auch Mönche und Nonnen. Nur 4 von ihnen, ein Mönch, eine Frau und zwei Männer, wurden inzwischen wieder freigelassen.
Die Überwachung und Razzien wurden in Dza Wonpo verstärkt, nachdem der 19 Jahre alte Mönch Tamay (auch Tenzin Nyima genannt) nach schweren Misshandlungen in Haft verstorben war. Er war am 9. November 2019 mit etwa 30 weiteren Tibeter verhaftet verhaftet worden, weil sie vor einem lokalen Regierungsgebäude Flugblätter für die tibetische Unabhängigkeit verteilt und Slogans gerufen hatten. Nach einer kurzen Haftstrafe wurde er im Mai 2020 entlassen, aber am 11. August wiederum verhaftet, sehr wahrscheinlich, weil er via soziale Medien über die Proteste und seine Haft auch an Kontakte in Indien berichtet hatte. Anfang Oktober wurden seine Eltern aufgefordert, ihn wegen seines Gesundheitszustandes aus dem Gefängnis abzuholen. Zu jener Zeit sei er bewegungsunfähig gewesen und habe unter einer Atemwegsinfektion gelitten. Am 11. Oktober wurde er in das Spital der Provinzhauptstadt Chengdu aufgenommen; angeblich aber erst mit Verzögerung, bis die Familie die horrenden Behandlungskosten von umgerechnet etwa Fr. 5’500 aufgetrieben hatte. Bei Aufnahme sei er komatös gewesen. Das Spital entliess ihn Ende November, weil sein Zustand aussichtslos sei. Der Familie gelang es, ihn am 1. Dezember in ein lokales Spital in Dartsedo aufzunehmen, wo er ebenso kurz danach in «terminalem Zustand» entlassen wurde und zu Hause starb.
Die Verhaftungen erfolgten jetzt, nachdem bei diversen Hausdurchsuchungen seit März Bilder des Dalai Lama gefunden worden waren. Die Polizei paradierte seitdem wiederholt durch den Ort und durchsuchte Häuser. Am 25. August wurden alle Bewohner über 18 Jahren zu einer Versammlung einbestellt; Fehlen war unter Strafandrohung verboten. Ihnen wurde in der Versammlung mitgeteilt, dass es nicht erlaubt sei, Bilder des Dalai Lama zu besitzen oder zu speichern, dass keine «sensitiven Informationen» auf Mobiltelefonen gespeichert und geteilt werden dürften, und dass alle der «Kommunistischen Partei folgen» müssten.
Seit 31. August sind in Dza Wonpo neue Bestimmungen in Kraft getreten, die tägliche Verhöre von Mönchen des Klosters vorsehen. Insgesamt wurden bisher 20 Mönche verhört. Sie mussten ihre «Unschuld» bestätigen, das heisst, dass sie sich nicht an politischen Aktivitäten beteiligt hatten, keinen Kontakt mit Tibetern im Exil hatten oder diesen aufnehmen wollten. Zwei Mitglieder des staatlichen Leitungsgremiums des Klosters wurden ernannt, die die Aktivitäten der Mönche zukünftig überwachen sollen.
Central Tibetan Administration, Human Rights Desk. 30. August 2021, 4. und 7. September 2021 // Dr. Uwe Meya
Foto: Central Tibetan Administration