Friedensgebet im Grossmünster – Zürcher Stadtrat trifft Dalai Lama nun doch

10. Oktober 2016

NZZ, 10.10.2016, 16:26, Dominique Zeier –

Der Zürcher Stadtrat hat sich entschlossen, dem interreligiösen Friedensgebets des Dalai Lamas am kommenden Wochenende beizuwohnen. Dies, obwohl das chinesische Generalkonsulat davon abgeraten hatte.

Der Zürcher Stadtrat wird dem interreligiösen Friedensgebet des Dalai Lamas beiwohnen.

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Lange war es unklar, ob der Stadtrat am Friedensgebet, das der Dalai Lama am 15. Oktober im Grossmünster in Zürich abhalten wird, teilnimmt. Heute teilte die Stadt nun mit, dass sowohl die Stadtpräsidentin Corine Mauch als auch der Stadtrat Richard Wolff dem Anlass als Gäste beiwohnen werden. Bereits vor zwei Wochen reichten die Gemeinderäte Markus Merki (glp.) und Pascal Lamprecht (sp.) sowie 48 Mitunterzeichnende eine dringliche schriftliche Anfrage ein und forderten den Stadtrat auf, bekannt zu geben, ob er dem Friedensgebet beiwohnen werde.

Der Stadtrat entscheide autonom

Dem Antwortschreiben war zu entnehmen, dass das chinesische Generalkonsulat zu verstehen gegeben habe, es sei ihm lieber, wenn Mitglieder des Stadtrats auf Treffen mit dem Oberhaupt der Tibeter verzichten würden. Der Stadtrat wies aber darauf hin, dass er autonom handle und man in Zürich grundsätzlich den Austausch mit allen Religionen und deren Vertretern pflege.

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Bereits seit längerem ist bekannt, dass Regierungspräsident Mario Fehr dem interreligiösen Friedensgebet beiwohnen und ein Grusswort an die Versammelten richten wird. Bis 2011 war Fehr während seiner Tätigkeit als Nationalrat Präsident der parlamentarischen Gruppe für Tibet. Gegenüber der NZZ sagte er kürzlich: «Der Dalai Lama repräsentiert eine weltweit wichtige Religionsgemeinschaft. Ich freue mich darauf, ihn im Namen des Regierungsrates bei uns im Kanton Zürich willkommen zu heissen» (NZZ 15. 9.16) Ein diplomatisches Problem sehe er in der Teilnahme an dem Anlass nicht.

Interreligiöse Gebete

Der Initiant des Besuchs des Dalai Lamas ist der Grossmünster-Pfarrer Christoph Sigrist. Er war es, der das buddhistische Oberhaupt im vergangenen Jahr offiziell einlud und nun das Friedensgebet organisiert. Seine Zielsetzung ist ambitioniert. Er wolle mit dem Anlass im Grossmünster, das nicht nur Mutterkirche der Reformation sei, sondern auch ein öffentliches Zeichen für Religion in einer urbanen Gesellschaft darstelle, eine Hoffnungsgeschichte in der sich transformierenden Gesellschaft setzen.

Der Dalai Lama wird bei der Veranstaltung ein Referat halten, das den Titel trägt: «A peaceful society through global responsibility and non-violence» (Eine friedliche Gesellschaft durch globale Verantwortung und Gewaltlosigkeit). Diesem Leitspruch folgend werden an der Veranstaltung auch muslimische, jüdische, hinduistische und christliche Gebete gelesen.