Journalistinnen werden Ziele chinesischer Online-Attacken

10. Juni 2022

Ein Bericht des Australian Strategic Policy Institute ASPI (https://www.aspistrategist.org.au/smart-asian-women-are-the-new-targets-of-ccp-global-online-repression/) zeigt anhand invidueller Beispiele und Statistiken auf, wie prominente China-kritische Journalistinnen zur Zielscheibe einer Desinformations- und Diffamierungskampagne werden. Speziell Journalistinnen asiatischer Herkunft sind von Nachrichten aus gefälschten Twitter-Konten betroffen. Manche dieser Konten zielen nur auf eine Person ab, andere auf mehrere. Eine dritte Gruppe von Konten existierte schon vorher und verbreitete die offizielle chinesische Regierungspropaganda über die Covid-Pandemie, die Internierungslager in Ost-Turkestan (chin. Xinjiang), oder die Invasion Russlands in der Ukraine. Nun ändern diese Konten ihren Fokus auf betroffene Journalistinnen.

Die von diesen Konten verbreiteten Nachrichten sind teils beleidigend und bombardieren die Empfängerinnen pauschal mit Vorwürfen von Falschnachrichten über China. Noch bösartiger sind individualisierte Attacken, die persönliche Umstände oder Aspekte des beruflichen und privaten Lebens der Journalistinnen angreifen, was aufwändige vorherige Recherchen über die Betroffenen voraussetzt. Diese werden als «Verräterinnnen» und «Lügnerinnen» beschimpft, die ihr Mutterland «verraten». Mehr noch, auch ihre körperliche Erscheinung und professionelle Kompetenz werden angegriffen, oft im Kontext von ihren vorherigen Publikationen in Medien. Die Nachrichten enthalten herabsetzende rassistische und sexistische Bemerkungen oder Drohungen wie «Verräterinnen sterben schlecht» oder «Verräterinnen nehmen kein gutes Ende».

Die absendenden Twitter-Konten zeigen Profilfotos von unbeteiligten Personen, die im Internet gestohlen wurden, oder auch Gesichter, die mit künstlicher Intelligenz angefertigt sind, sogar solche von Jugendlichen. Interventionen von anderen Ländern, diese Konten zu blockieren, werden damit unterlaufen, dass stets neue Konten kreiert werden und so die Präsenz im Internet aufrechterhalten bleibt.

Statistiken und zahlreiche andere Indizien von ASPI über die Herkunft dieser Attacken weisen auf China hin. Die Attacken schwollen jeweils während der Bürozeiten in China an und nahmen zum Feierabend ab, und waren fast nicht existent während der chinesischen Frühlingsferien.

Derartige Einflussnahmen über soziale Medien sind nicht neu. Eine Studie von BBC vom 28. Mai 2020 (https://www.bbc.com/news/blogs-trending-52657434) zeigte auf, dass China seit Beginn des Jahres 2020 mit über 1’200 gefälschten Benutzerkonten versuchte, Regierungspropaganda zu verbreiten. Diese Konten verbreiteten im Wesentlichen regierungsoffizielle Meinungen über die Bewältigung der Corona-Pandemie und die Demokratiebewegung in Hongkong in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und YouTube; bemerkenswert ist, dass diese Netzwerke innerhalb der Volksrepublik China für gewöhnliche Nutzer gesperrt sind.

Dieses Netzwerk weist auffallende Ähnlichkeiten mit dem 2019 entstandenen Netzwerk «Spamouflage Dragon» auf, das gleichermassen regierungsoffizielle Nachrichten verbreitete und Regierungskritiker mit Fluten von nutzlosen Nachrichten eindeckte.

Die Mehrzahl der dieser gefälschten Konten entstand zwischen Januar und Mai 2020. Zumeist verwendeten sie Profilbilder ohne Wissen der unbeteiligten Personen, die diese von sich anderweitig in Netzwerken gepostet haben. Dabei unterliefen auch amateurhafte Fehler, wenn zum Beispiel ein männliches Profilbild mit einem weiblichen, oft englischen oder russischen, Namen unterlegt war.

ASPI, 3. Juni 2022 // Dr. Uwe Meya