Steuern sparen auf 3600 m ü. M.

13. August 2013

Tagesanzeiger: 13. August 2013
China positioniert die tibetische Provinz Shannan als neues Steuerparadies für Finanzinvestoren. Sind die Cayman Islands bald out?

Von den Cayman Islands in der Karibik an den Fuss des Himalaja sind 3600 Höhenmeter zu überwinden. Interessierte Private-Equity-Häuser und andere Finanzinvestoren sollten sich den Wechsel in die dünne Luft gut überlegen.

Während die Cayman Islands unter dem internationalen Druck ihr bis jetzt wasserdichtes Bankgeheimnis gepaart mit konkurrenzlos günstigen Steuerangeboten etwas lockern müssen, bietet die chinesische Präfektur Shannan neuerdings «generöse Steuerbefreiungen und andere Zückerchen an», wie die «Financial Times» vermeldet. Shannan liegt zwischen der tibetischen Hauptstadt Lhasa und dem Königreich Bhutan.

Unter chinesischen Städten findet seit längerem ein harter Kampf um Investoren statt. Steueranwälte und Berater bezeichnen das Angebot in Shannan indessen als ungewöhnlich aggressiv. So wurde die Unternehmenssteuer auf 15 Prozent gesenkt – der nationale Durchschnitt liegt bei 25 Prozent. Firmen, die umgerechnet über 820’000 Dollar Steuern bezahlen, erhalten bis zu 40 Prozent zurück.

Ein Briefkasten irgendwo in Tibet genügt

Für Private-Equity-Partner offerieren die Behörden auf dem Einkommen einen Einheitssatz von 20 Prozent, was deutlich unter den 45 Prozent liegt, die chinaweit für die hohen Einkommen verrechnet werden. Firmen, die den Weg nach Tibet wählen, müssen nicht einmal in lokale Firmen investieren, um in den Genuss der Vergünstigungen zu kommen. Ein Briefkasten irgendwo in Tibet genügt. Die abgelegene Gegend lockt noch mit einem weiteren Angebot: Investoren können ihre Aktien vor einem geplanten Verkauf noch rasch in Tibet registrieren lassen, dann bezahlen sie kaum Steuern auf dem Erlös.

Von der «Financial Times» befragte Steuerexperten erklären, dass das Angebot theoretisch auch für ausländische Firmen gilt, die Fonds in Renminbi halten. Allerdings sei bis jetzt noch kein Ausländer registriert worden. Das Problem: Ausländische Besucher benötigen eine spezielle Bewilligung für Tibet, die angesichts der politischen Spannungen schwierig zu erhalten ist. Laut der Zeitung dient die Tiefsteuerpolitik einerseits der ökonomischen Entwicklung der Region, anderseits aber der noch stärkeren Kontrolle Tibets. Rita Flubacher

http://tagi.ch/29828729