Fünf Tibeter erliegen Schussverletzungen in Kardze
Der Protest im Bezirk Sershul in der Präfektur Kardze, bei dem Sicherheitskräfte in eine Gruppe von etwa 100 protestierenden Tibetern feuerten [vergl. Tibet-Information vom 18. August 2014; UM], hat bis jetzt fünf Todesopfer gefordert.
Am 12. August hatten Tibeter im Dorf Denma gegen die Verhaftung ihres hoch geachteten Dorfvorstehers protestiert. Der Tibeter mit Namen Dema Wandak hatte gegen die Absage des jährlich stattfindenen Festivals mit Reiterspielen protestiert und sich für die Mitglieder einer Tanzgruppe eingesetzt, die angeblich von Funktionären belästigt worden waren.
Nach den Schüssen auf die Protestierenden wurde eine unbekannte Zahl von Tibetern verhaftet. Diejenigen mit Schussverletzungen erhielten nach Angaben von Informanten von RFA keine medizinische Versorgung. Einer der Tibeter habe sich in der Haft aus Protest das Leben genommen, die anderen vier seien an den Schussverletzungen sowie Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte gestorben. Von drei Getöteten sind Namen und Alter bekannt. Der Älteste ist 60 Jahre alt und ein Onkel von Dema Wangdak. Der jüngste ist 18 Jahre alt. Auch diejenigen Tibeter, die nicht verhaftet wurden, blieben ohne medizinische Versorgung; einge hatten noch eine Woche nach dem Protest Kugeln in ihren Körpern.
Am 18. August wurden die Bewohner zu einer öffentlichen Versammlung eingeladen, in der die Behörden als „wahren“ Grund der Verhaftung von Dema Wangdak angaben, er habe öffentliche Gelder unterschlagen. Da kaum jemand an der Versammlung teilnahm, wurde einen Tag später noch eine weitere Versammlung anberaumt, über deren Verlauf aber nichts bekannt ist.
Geheimer Polizeibericht belegt tödliche Schüsse bei den Unruhen von 2008
TCHRD präsentiert einen geheimen Polizeibericht aus Lhasa, der belegt, dass Tibeter während der Unruhen vom März 2008 in Lhasa durch Gewehrfeuer umkamen. Das vom 21. März 2008 datierte Dokument wurde von Forensikern des Büros für Öffentliche Sicherheit (PSB) verfasst und kürzlich ins Exil geschmuggelt.
Der Bericht handelt von insgesamt 26 toten Personen, darunter ausführliche Obduktionsberichte von vier Tibetern. Die meisten von ihnen starben am 14. März 2008, kurz nach Beginn der Unruhen. Insgesamt 15 Personen starben laut dem Bericht an Schussverletzungen. Die obduzierten Tibeter wiesen bis zu 17 Schussverletzungen auf, die sich am ganzen Körper befanden, und legen damit den Verdacht nahe, dass wahllos mit Maschinengewehren gefeuert wurde.
Dieser Bericht straft öffentliche Stellungnahmen Lügen. Am 17. März 2008 hatte der damalige Gouverneur von Tibet, Jampa Phuntsok, während einer Pressekonferenz gesagt, die Sicherheitskräfte „…haben keine tödlichen Waffen verwendet. Sie haben nie auf Protestierende geschossen.“
Auch weitere öffentliche Stellungnahmen scheinen Lügen zu enthalten. Am 1. April 2008 gab PSB die Namen von sechs unbeteiligten Tibetern bekannt, die angeblich durch Plünderer getötet wurden. Nun tauchen zwei dieser Namen im Obduktionsbericht auf – mit Schussverletzungen als Todesursache.
Schliesslich scheinen die Behörden auch die wahre Zahl der Todesopfer während der Proteste zu verheimlichen. Pema Thinley, Vize-Parteisekretär in China, erklärte 2008 bei einer Pressekonferenz in Hongkong, abgesehen von den Opfern von Plünderungen seien lediglich drei „Kriminelle“ ums Leben gekommen, und zwar auf der Flucht durch Sprünge von Hausdächern. Im jetzt publizierten Bericht tragen die Obduzierten die Nummern 92, 93, 94 und 101. Da anzunehmen ist, dass die Todesopfer in aufsteigender Reihe nummeriert wurden, dürfte die Zahl der Getöteten mindestens bei 101 liegen.
Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Radio Free Asia RFA
Zusammengestellt und redigiert für die GSTF von Dr. Uwe Meya