Tibet-Information der GSTF vom 31. Januar 2014

31. Januar 2014

Sesshaftmachung von tibetischen Nomaden nahezu beendet –

Die chinesische Regierung hat mitgeteilt, dass das 2006 begonnene Programm zur Sesshaftmachung von tibetischen Nomaden kurz vor der Beendigung steht. In der Autonomen Region Tibet sind laut einer Meldung des regierungsoffiziellen Fernsehsenders Tibet TV praktisch alle 2.3 Millionen Nomaden in neu gebauten Siedlungen sesshaft gemacht worden, und in der nördlich angrenzenden Provinz Qinghai sollen gemäss dem Fünfjahresplan bis Ende Jahr 90% aller Nomaden sesshaft geworden sein. Die Nomaden werden dazu aufgefordert, ihre Viehherden in „Kooperativen“ zusammenzufassen.

Das Nachrichtenportal Qinghai Online News feierte diese Entwicklung mit folgenden Worten: „Die lokalen Nomaden freuen sich nun über ein neues, modernes Leben in blitzsauberen neu gebauten Häusern, während ihre Herden auf dem endlosen Grassland unter der Regie einer Kooperative gehegt werden.“

Offiziell wird die Sesshaftmachung mit ökologischen Aspekten begründet, zum Beispiel dem Risiko von Überweidung. Kritiker entgegnen, dass in Wirklichkeit die Regierung ein starkes Interesse nach leichterer sozialer Kontrolle der Nomaden und Ausbeutung von Bodenschätzen im früheren Weideland hat. Die chinesische Journalistin und Umweltaktivistin Wang Yongchen, die für die Organisation Green Earth Volunteers spricht und die Kultur der Nomaden studierte, merkt an, dass die Nomaden in der Vergangenheit immer in der Lage waren, das ökologische Gleichgewicht zu wahren. Einmal in genormten Siedlungshäusern sesshaft gemacht, werden sie ihrer traditionellen Lebens- und Arbeitsweise beraubt und sind oft nicht mehr in der Lage, neue Erwerbsquellen zu finden. Stattdessen verarmen sie und verfallen nicht selten dem Alkohol.

Die Tibetische Regierung im Exil hat beobachtet, dass, wenn die Nomaden ihre Herden in Kooperativen einbringen, diese de facto ihrer Kontrolle entzogen sind und die chinesischen Angestellten in der Kooperative die Bewirtschaftung übernehmen.

Verhafteter tibetischer Gelehrter in kritischem Gesundheitszustand

Der am 6. Dezember letzten Jahres verhaftete Gelehrte Khenpo Kartse soll sich wegen einer Lebererkrankung in kritischem Zustand befinden. Khenpo Kartse ist wegen seines sozialen Engagements hoch angesehen und hatte sich bei dem grossen Erdbeben in Yushu im April 2010 einen Namen gemacht, als er Rettungsarbeiteten anleitete. Sicherheitsoffiziere waren ihm aus dem osttibetischen Chamdo extra in die mehrere hundert Kilometer entfernte Provinzhauptstadt von Sichuan, Chengdu, hinterher gereist, um ihn festzunehmen. Ihm wird vorgeworfen, an Protestaktionen in Chamdo beteiligt gewesen zu sein. Die 16 Mönche, die gegen seine Verhaftung protestiert hatten und ebenfalls inhaftiert wurden, wurden inzwischen freigelassen.

Khenpo Kartse durfte seit seiner Verhaftung keinen Besuch erhalten. Zwar hatte die Polizei seinen Verwandten mitgeteilt, diese dürften ihm Medikamente bringen, jedoch mussten sie alles dem Gefängnispersonal übergeben und durften ihn nicht persönlich sehen. Die Information über seinen Gesundheitszustand stammt von einem Informanten von RFA. Dieses widerspricht einem im Dezember angeblich von Khenpo Kartse verfassten Brief aus der Haft, es gehe ihm gut, und er bitte darum, von weiteren Protestbekundungen gegen seine Verhaftung abzusehen.

Die aus der Haft entlassenen Mönche gaben an, dass das Interesse bei ihren Verhören vor allem der Frage galt, ob Khenpo Kartse Kontakte ausserhalb der Region hatte und diesen Informationen über die Situation in Tibet und Protestaktionen zukommen liess.

Quellen: Voice of America; Radio Free Asia RFA

Zusammengestellt für die GSTF von Dr. Uwe Meya