Chinesische Wissenschaftler erstellen derzeit Machbarkeitsstudien für einen gigantischen Tunnel, der Wasser vom Yarlung Tsangpo in die Taklamakan-Wüste in Xinjiang ableiten soll. Dieser Tunnel soll eine Länge von 1‘000 km haben und damit den derzeit weltlängsten Tunnel von 137 km, der Wasser nach New York führt, um Längen übertreffen.
Als Vorbild dient den Regierungsstellen das Bewässerungsprojekt, das im vorigen Jahrhundert das trockene San Joaqin Valley in Kalifornien in eine der produktivsten Agrarregionen der Welt verwandelte.
Derzeit wird in China bereits ein 600 km langer Tunnel in der Provinz Yunnan gebaut. Das Yunnan-Guizou-Projekt könnte als „Probelauf“ dienen, um zu sehen, ob die Wissenschaftler mit den Verwerfungszonen in dieser Erdbebenzone umgehen können. Dafür wurden extra Rohrelemente konzipiert, die durch elastische Materialen miteinander verbunden sind und so Erdverschiebungen aushalten. Der Tunnel in Yunnan soll Wasser vom Nordwesten Yunnans in das Zentrum der Provinz transportieren.
Der Anfang des Tunnels in Tibet soll im Bezirk Sangri liegen, kurz vor der strittigen Grenze mit Indien. Dort soll im Yarlung Tsangpo eine künstliche Insel aufgeschichtet werden, die Sediment abfängt und das Wasser über ein Auffangbecken in den Tunnel leitet. Wegen des grossen Höhenunterschiedes zur Taklamakan-Wüste werden regelmässig Kraftwerksturbinen gebaut, die den Fluss verlangsamen und den enormen Wasserdruck vermindern sollen. Ein chinesischer Wissenschaftler schätzte, dass spätestens in 10 Jahren die Technologie ausgereift sei. „Dann wird man der Versuchung nicht widerstehen können, den Nutzen zu realisieren,“ fügte er hinzu. Indien und Bangladesh beobachten das geplante Ableiten aus dem Brahmaputra, wie der Fluss dort heisst, mit grosser Sorge.
South China Morning Post, 30. Oktober 2017
Übersetzt von Dr. Uwe Meya