Chinas aggressiver Dammbau in Tibet weckt Befürchtungen

25. November 2024

Turquoise Roof, ein Netzwerk von Wissenschaftlern und Analysten für Tibet, hat einen Bericht über die Gefahren des aggressiven Baus von Staudämmen auf dem tibetischen Plateau publiziert.

Die Regierung der Volksrepublik China treibt den Bau von Staudämmen am Oberlauf des Machu (Gelber Fluss) voran, obwohl chinesische Wissenschaftler auf die Gefahr von geologischen Katastrophen und ernsten Umweltproblemen hinweisen. Chinas schwere Infrastrukturbauten flussaufwärts auf dem Hochplateau, näher an der zuvor als seismisch sensitiv bezeichneten Zone und den schmelzenden Gletschern des tibetischen Amnye-Machen-Gebirges, bergen die Gefahr, dass mehr Methan in die Atmosphäre gelangt, wenn der Permafrostboden auftaut. Der Boden, der im Winter gefriert und im Sommer taut, kann dadurch instabil werden und so komplexe Strukturen wie Staudamm-Bauten gefährden. Der Abriss ganzer Dörfer und Klöster schafft den Platz zum Bau von Dämmen durch die gleichen staatlichen Unternehmen, die in China weitere Kohlekraftwerke bauen. China ist weltweit der grösste Emittent von Treibhausgasen.

Im Februar protestierte die lokale Bevölkerung gegen den Bau des Kamtok-Damms (chinesisch: Gangtuo) am Oberlauf des Drichu (Oberlauf des Jangtse). Der Damm droht ihre Häuser und sechs Klöster mit wertvollen Fresken aus dem 14. Jahrhundert zu überschwemmen, die auch chinesische Gelehrte zu schützen versuchen. Zahlreiche Verhaftungen und Misshandlungen in Haft waren die Folgen. Die Polizei führte auch nach Niederschlagung des Protests ihre Festnahmen laufend fort. Das Internet in der Region ist abgeschaltet, die Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Intensiv wurden von allen Bewohnern ihre Konten bei den sozialen Medien wie WeChat und TikTok kontrolliert, ob von dort Nachrichten über die Proteste verschickt wurden.

Das Wasserkraftwerk Yangkhil (chin. Yangqu), das flussaufwärts des Machu nach Angaben der Regierung von KI-gesteuerten Robotern gebaut wurde, hat eine ganze Gemeinde verwüstet. Tibeter wurden gezwungen, ihre eigenen Häuser abzureissen, und ein in vorher als Kulturerbe gelistetes Kloster wurde zerstört.

Ebenfalls am Oberlauf des Machu in einem grossen Stausee hinter dem Longyangxia-Damm hat China mit der Massenproduktion von in Wasserfarmen gezüchtetem Fisch für den Verzehr in China begonnen – eine Praxis, die den Tibetern zuwider ist. Regenbogenforellen, die in Tibet nicht heimisch sind, werden jedes Jahr zu Millionen gezüchtet. Sie wurden den chinesischen Verbrauchern als Lachs verkauft, was 2018 zu einem Skandal führte.

Die Proteste in Derge haben die Aufmerksamkeit auf die Risiken einer Kaskade negativer Folgen des Baus von Staudämmen sowohl auf der Hochebene flussaufwärts als auch flussabwärts in China und angrenzende Staaten gelenkt. Wasserkraftprojekte flussaufwärts in Tibet haben auch Auswirkungen auf Bauern und Fischer in Kambodscha, Vietnam, Thailand, Laos und Myanmar.

Für die Kommunistische Partei und Regierung der Volksrepublik China ist Wasser jedoch ein wichtiger strategischer Aktivposten, und die Sicherung der Hochebene und ihrer Wasserquellen ist von hohem Interesse. Der Nationale Wasserplan 2023 der Staatspartei drängt auf die Stärkung des „Schutzes des chinesischen Wasserturms auf dem Qinghai-Tibet-Plateau“, zielt aber auch darauf ab, Wasser zu einer Ware zu machen, die von der Agrarindustrie und grossen chinesischen Staatsunternehmen gekauft und gehandelt wird, um Chinas Entwicklung voranzutreiben.

Turqouise Roof, 13. November 2024 // Dr. Uwe Meya

Foto: Turqouise Roof