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Nach 20 Jahren erlauben die Behörden wieder ein Festival in Nyagchuka

Ohne Vorankündigung oder Begründung wurde in Nyagchuka in der Präfektur Kardze im Osten Tibets, heute in der Provinz Sichuan, ein früher sehr populäres Festival wieder genehmigt. Der Anlass mit Pferderennen und Picknicks fand zuletzt 2002 statt.

Seit der Verhaftung von Tulku Tenzin Delek, einem vor allem in dieser Region hoch angesehenen Gelehrten, durfte das Festival nicht stattfinden. Schon vor der chinesischen Invasion war das Festival sehr populär, aber mit Tenzin Deleks Anwesenheit wurde es noch grösser und auch um religiöse Unterweisungen erweitert. Solange Tenzin Delek anwesend war, durften bei den Picknicks keine alkoholischen Getränke konsumiert oder geraucht werden. Diese Restriktionen sind jetzt nicht mehr in Kraft. Kurz vor dem Beginn des Festivals wurde der Rand des Geländes mit chinesischen Flaggen umgeben.

Tulku Tenzin Delek wurde wegen unterstellter Verwicklung in ein Bombenattentat im April 2002 in der Provinzhauptstadt von Sichuan, Chengdu, verhaftet. In einem Strafprozess, dessen Unabhängigkeit international angezweifelt wurde, wurden er sowie sein Assistent Lobsang Dondrub zum Tode verurteilt. Letzterer wurde umgehend nach dem Urteil hingerichtet, während die Strafe für Tenzin Delek zu 22 Jahren Haft umgewandelt wurde. Er starb am 12. Juli 2015 unter nicht geklärten Umständen im Gefängnis.

Nach seinem Tod hatten Angehörige von Tenzin Delek– wie auch zahlreiche NGOs im Ausland – eine unabhängige Untersuchung der Umstände seines Todes in Haft verlangt. Zwei Schwestern waren kurz zu seinem Sterbebett vorgelassen worden, wo er noch in Anstaltskleidung in seiner Zelle lag. Verfärbungen an Fingern und Lippen hatten Gerüchte um eine Vergiftung aufkommen lassen. Eine Todesbescheinigung mit Angabe der Todesursache wurde nicht ausgestellt. Nach Abgabe der Petition für eine Untersuchung wurden eine Schwester und ihre Tochter am 22. Juli 2015 in Haft genommen. Näheres über die Vorwürfe gegen sie sind nicht bekannt.

Tenzin Delek wurde noch im Hochsicherheitsgefängnis kremiert. Angehörige und Freunde wollten die Asche in sein Heimatkloster bringen, aber die Urne wurde vor Beginn der Bestattungszeremonie von der Polizei konfisziert. Nach Angaben eines Verwandten in Indien drangen Polizisten nachts in die Unterkunft ein, in der die Gruppe auf halbem Wege zum Heimatkloster übernachtete und nahmen die Urne mit. Sie drohten sogar, die Asche in den benachbarten Fluss zu werfen.

Radio Free Asia, 3. August 2022 // Dr. Uwe Meya

Foto: Radio Free Asia

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