Laut einer Studie der Columbia University, die in der Fachzeitschrift «Science Advances» publiziert wurde, hat sich die Rate der Gletscherschmelze in Tibet seit dem Jahr 2000 verglichen mit den Vorjahren verdoppelt. Für die Untersuchung haben die Wissenschaftler Satellitenbilder von 650 Gletschern ausgewertet, die bis auf Daten von amerikanischen Spionagesatelliten aus den 1970er Jahren zurückgehen. Demnach schmolzen jährlich durchschnittlich 8 Milliarden Tonnen Eis; diese Schmelze bedroht die Wasserversorgung von 800 Millionen Menschen in Asien.
Die Menschen in den Anrainerstaaten, die vom Wasser aus Tibet abhängig sind, wären von ausbleibendem Schmelzwasser betroffen und stärkeren Dürreperioden ausgesetzt, weil sie nicht mehr im bisherigen Umfang auf Wasserreserven zurückgreifen können. Dazu würde die Stromproduktion von Wasserkraftwerken verringert. Risiken werden auch in häufigeren Überschwemmungen aus überlaufenden Schmelzwasserseen gesehen.
Durchschnittlich verloren die Gletscher 43 Zentimeter an Dicke pro Jahr. Niedrig gelegene Gletscher schmolzen noch weit schneller und verloren jährlich bis zu 5 Meter an Dicke. In den nächsten 50 Jahren könnte nach einer Schätzung der Wissenschaftler ein Viertel der Gletscher verschwunden sein.
Seit 2000 liegen die Durchschnittstemperaturen in der Region um 1 Grad über dem langjährigen Mittel der Jahre 1970 bis 2000.
Der Spiegel, 19. Juni 2019 // Dr. Uwe Meya
Bild: Gletscher in Tibet (zmescience.com)